Zur Startseite ...
Gänsefingerkraut - Anserinae herba [DAC 2004]

Stammpflanze: Potentilla anserina L. / Gänsefingerkraut [Fam. Rosaceae / Rosengewächse]. Synonyme: Eine relativ erbreitetes synonyme Bezeichnung ist Argentina anserina (L.) RYDB. Weitere Synonyme sind Argentina vulgaris LAM., Dactylophyllum anserina SPENNER, Fragaria anserina CRANTZ und Potentilla argentina HUDSON. Dt. Synonyme: Der überwiegende Teil der alternativen deutschen Bezeichnungen, die heute  nur selten oder und ausschließlich regional gebraucht werden, steht ebenfalls mit der "Gans" im Zusammenhang. Hierzu zählen u. a. Gansbratzen, Gänsekraut, Gänserich, Gänseschwutz, Gänsflügel, Gänsgras, Gansmennig, Gänswerich, Grensig, Grensing und Grünsing. Weitere Synonyme sind u. a. Botterblöme, Dreckkraut, Federweiß, Grieskraut, Kammkraut, Kaninchenkrut, Krampfkraut, Kreidel Allerbest, Leiterlekrut, Nachtnebelkraut, Rotlaufkraut, Säukraut, Silberkraut und Stoppeers. Englisch: anserina, goose-grass, goose-tansy, Silverweed.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Von Mai bis August, selten auch bis in den Spätherbst blühende ausdauernde, mehr oder weniger dem Erdboden anliegende Pflanze mit kurzem, dickem, verzweigtem Rhizom und in grundständigen Rosetten angeordneten Blättern. Die bis über 80 cm langen Stengel kriechen am Boden und wurzeln an den Knoten. Die mehr oder weniger lang gestielten Grundblätter sind bis 30 cm lang und gefiedert. Die Anzahl der Fiederpaare variiert von 5 bis etwa 20, die einzelnen Fiederblättchen sind 1 bis 3 cm lang, mit grob gesägtem Rand. Die im Bereich der wurzelnden Knoten entspringenden Stengelblätter sind den Grundblättern sehr ähnlich, jedoch meist kürzer gestielt und mit weniger Fiederpaaren. Sämtliche Blätter besitzen eine von hell- bis dunkelgrün schwankende Oberseite sowie eine durch die dichte, anliegende Behaarung silbrigweiße Unterseite. Die einen Durchmesser von 1,5 bis 3 cm aufweisenden Blüten stehen meist einzeln auf mehrere Zentimeter langen Stielen. Die seidig behaarten Außenkelchblätter sind meist drei-, manchmal auch mehrzähnig oder ungeteilt. Die Kelchblätter sind lanzettlich, spitz, meistens ungeteilt und etwa gleich lang oder etwas kürzer als die Außenkelchblätter. Die goldgelben Kronblätter sind eiförmig, vorne nicht ausgerandet und etwa doppelt so lang wie die Kelchblätter. Die Anzahl der Staubblätter beträgt etwa 20, die Staubbeutel sind eiförmig und oben und unten ausgerandet. Im Zentrum der Blüte befinden sich zahlreiche freie Fruchtknoten mit fadenförmigen Griffeln, die nur an der Narbe verdickt sind. Die eiförmigen bis fast kugeligen, reifen Früchtchen sind kahl und etwas länger als der Griffel.

Verbreitung: Heimisch in der kühlen und gemäßigten Zone der gesamten Nordhemisphäre. In Europa in den Alpen seltener und im küstennahen Mittelmeergebiet fehlend. Eingebürgert auch in Regionen der Südhalbkugel mit vergleichbarem Klima wie z. B. in Chile, Südaustralien, Tasmanien und Neuseeland. In Deutschland überall häufig an Wegrändern, auf Weideplätzen, Triften, Grasplätzen sowie Straßen- und Wegrändern anzutreffen.

Droge: Die kurz vor oder während der Blüte gesammelten, ganzen oder zerkleinerten, getrockneten Blätter und Blüten von Potentilla anserina L., die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an mit Hautpulver fällbaren Gerbstoffen von mindestens 2,0 Prozent aufweisen, berechnet als Pyrogallol.

Beschreibung der Droge: Die bis etwa 2 mm dicken Stengel sind grün bis bräunlich gefärbt und weich behaart. Die Blätter stehen in grundständigen Rosetten und an jedem Knoten der Sprosse. Sie sind bis zu 20 cm lang, im Umriss schmal länglich, gestielt und bis 21-zählig gefiedert. Die sitzenden, selten auch kurz gestielten Fiederblättchen sind bis zu 3 cm lang, zur Blattbasis hin kürzer werdend, länglich-eiförmig und scharf gesägt. Sie besitzen eine hell- bis dunkelgrüne und meist nur spärlich behaarte Oberseite und eine weiß schimmernde, stark seidig behaarte Unterseite. Die recht kleinen Nebenblätter sind trockenhäutig, braun, scheidenartig und vielspaltig. Die lang gestielten, etwa 2 cm großen und hellgelben Blüten werden von einem seidig behaarten Außenkelch umgeben. Die Kelchblätter sind eiförmig zugespitzt, die Kronblätter rundlich und etwa doppelt so lang wie die Kelchblätter. Die zahlreichen, freien Fruchtblätter sitzen auf dem gewölbten Blütenboden. Aus ihnen entwickeln sich kahle Nüsschen. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch die am Rande scharf gesägten Blattstücken. Daneben finden sich Stengelstücke und gelbe Blütenteile.

Geruch und Geschmack: Schwacher Geruch und schwach adstringierender Geschmack.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Fingerkraut, Krampfkraut, Silberkraut. Englisch: Silverweed. Lateinisch: Herba Anserinae, Herba Potentillae argentinae, Potentillae anserinae herba.

Herkunft: Importe aus Polen, Ungarn und dem ehemaligen Jugoslawien.

Inhaltsstoffe: Gerbstoffe: Gehalt 5 bis 10%. Überwiegend Ellagitannine, darunter auch mono- und dimere Verbindungen. Flavonoide: Quercitrin. Nach vollständiger Abspaltung der Zucker wurden die Aglykone Kämpferol, Myricetin und Quercetin nachgewiesen. Anthocyanidine: Cyanidin und Leucodelphinidin. Cumarine: Scopoletin und Umbelliferon. Weitere Bestandteile: Phenylcarbonsäuren, Fettsäuren, ß-Sitosterol, Ascorbinsäure (ca. 300 bis 350 mg/100 g frischer Blätter) sowie die Aminosäuren Glycin, Histidin und Cholin.

Wirkungen: Aufgrund des Gerbstoffgehalts besitzt Gänsefingerkraut eine adstringierende Wirkung. In pharmakologischen Untersuchungen am isolierten Uterus verschiedener Tierarten konnte eine ausgeprägte Tonussteigerung und Kontraktionsfrequenzsteigerung beobachtet werden. Weiterhin wird der Droge eine spasmolytische Wirkung zugesprochen. Verschiedene Versuche zum Nachweis dieser Wirkung erbrachten widersprüchliche Resultate, so dass bei Anwendung am Menschen ein spasmolytischer Effekt nicht zu erwarten ist.

Anwendungsgebiete: Leichte dysmenorrhoische Beschwerden. Zur Unterstützung der Therapie leichter, unspezifischer, akuter Durchfallerkrankungen. Leichte Entzündungen im Bereich der Mund- und Rachenschleimhaut.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Äußerlich bei schlecht heilenden Wunden als Badezusatz. Ein wissenschaftlicher Nachweis der Wirksamkeit fehlt. Infolge des Gehalts an Gerbstoffen erscheint diese Anwendung jedoch plausibel.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Beschwerden bei Reizmagen können verstärkt werden.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Die empfohlene mittlere Tagesdosis beträgt 4 bis 6 g Droge. Zur Teebereitung werden 2 g (1 Teelöffel entspricht etwa 0,7 g) der fein zerschnittenen Droge mit 1 Tasse heißem Wasser übergossen und nach 10 Minuten durch ein Teesieb gegeben. Bei leichten Entzündungen im Bereich der Mund- und Rachenschleimhaut damit mehrmals täglich Mundspülungen durchführen, bei Durchfallerkrankungen und bei Dysmenorrhoe mehrmals täglich eine Tasse trinken.


Bilder:

Das Gänsefingerkraut ist eine am Boden kriechende Pflanze, deren Stengel bis 80 cm lang werden kann. An den einzelnen Knoten des Stengels entspringen sowohl Wurzeln als auch Blattrosetten und Blütenschafte. Ein weiteres charakteristisches Merkmal sind die oben hell- bis dunkelgrünen, unten silbrigweißen, mehrfach gefiederten Blätter, deren einzelne Fiedern sowohl gegenständig als auch leicht versetzt angeordnet sein können. Die Blüten sind gelb, mit einem Durchmesser von bis zu 3 cm relativ groß und einzeln am Ende recht langer Stiele angeordnet.


Literatur: Deutscher Arzneimittelcodex (DAC) 2004; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 223 vom 30.11.1984  (Berichtigung 13.03.1990); Schilcher H, Kammerer S, Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer, München Jena 2003; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke