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Frauenmantelkraut - Alchemillae herba
[Ph. Eur. 01/2008: 1387; korrigiert in Version 6.0; Englische Bezeichnung: Alchemilla]

Stammpflanzen: Alchemilla vulgaris L. s. l. / Gemeiner Frauenmantel [Fam. Rosaceae / Rosengewächse]. Synonyme: Keine gebräuchlich. Dt. Synonyme: Echter Sinau, Gewittergras, Lägerkraut, Omkraut, Taublatt, Tauschüsselchen, Wundwurz. Englisch: Lady's mantle.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Die ausdauernde Halbrosettenstaude ist sehr formenreich. Dies ermöglicht die Unterscheidung mehrerer Kleinarten, die jedoch nur sehr schwer voneinander zu unterscheiden sind. Die 30 bis 50 cm hohen Sprosse können kahl bis dicht zottig behaart sein. Die bis 11 cm großen, gekerbten oder gesägten Blätter sind unterseits stark behaart. Typisches Kennzeichen ist die mehr oder weniger gefaltete Spreite. Die grundständigen Blätter sind langgestielt und 7- bis 9lappig, die Stängelblätter nur kurz gestielt bis fast sitzend und 5- bis 7lappig. Die kleinen, grünen und daher sehr unscheinbaren Blüten sind in kahlen, oft sehr reichblütigen Blütenständen angeordnet.

Verbreitung: Kühl-gemäßigte Klimazone der gesamten Nordhemisphäre. Verbreitet vom Tiefland bis in die alpine Stufe der Hochgebirge sowohl auf mageren als auch auf fetten Böden.

Droge: Die zur Blütezeit gesammelten, ganzen oder geschnittenen, getrockneten oberirdischen Teile von Alchemilla vulgaris s. l., die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Gerbstoffen von 6,0 Prozent aufweisen, berechnet als Pyrogallol.

Beschreibung der Droge: Bestandteil der Droge sind Stängel, Grundblätter, Stängelblätter und Blüten. Alle Blätter mit grob gesägtem Blattrand und unterseits stark behaart. Blattstiele graugrün bis gelblichgrün, behaart, etwa 1 mm dick, auf der Oberseite mit einer Rinne. Der Hauptanteil der Droge besteht aus den 7- bis 9-lappigen grundständigen Blättern: Lang gestielt, graugrün, manchmal bräunlich grün, nierenförmig bis leicht halbkreisförmig, Durchmesser bis 8 (11) cm. Stängelständige Blätter: 5- bis 7- (9-)lappig, deutlich kleiner und kürzer gestielt als die Grundblätter, an der Basis mit einem Paar großer Nebenblätter. Bei den Blättern bestehen zudem Unterschiede zwischen jungen Blättern, die sich erst kurz vor dem Sammeln der Droge entwickelt haben, und älteren Blättern. Junge Blätter gefaltet und weißsilbrig behaart. Ältere Blätter nur schwach behaart, auf der Unterseite mit hervortretender, feinmaschiger Nervatur. Blüten gelblichgrün bis hellgrün, Durchmesser etwa 3 mm, mit kleinem, 4-teiligem Außenkelch, einem dazu wechselständig stehenden 4-zähligen Innenkelch mit abgerundeten bis dreieckigen Kelchblättern, 4 kurzen Staubblättern und einem Fruchtknoten mit köpfchenförmiger Narbe.

Geruch und Geschmack: Fast geruchlos. Kaum nennenswerter, höchstens leicht bitterer, etwas zusammenziehender Geschmack.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Alchemistenkraut, Frauenbisskraut, Ohmkraut, Perlkraut, Silberkraut, Sinaukraut. Englisch: Common ladies mantle. Lateinisch: Herba Alchemillae, Herba Alchemillae vulgaris, Herba Leontopodii.

Herkunft: Überwiegend aus dem Anbau in ost- und südosteuropäischen Ländern.

Gewinnung der Droge: Die Pflanzen werden zur Blütezeit gesammelt und anschließend getrocknet.

Inhaltsstoffe: 5 bis 8% Gerbstoffe: Fast ausschließlich Ellagitannine mit Agrimoniin als Hauptkomponente (3,5 %) und Pendunculagin (1,2%) sowie Laevigatin F (0,9%) als weiteren nennenswerten Bestandteilen. Flavonoide: Ca. 2 % Quercetinglykoside und wenig freies Quercetin.

Wirkungen: Adstringierende Wirkung. Ohne Relevanz für die therapeutische Anwendung der Droge ist die in Tierexperimenten nach Gabe von Agrimoniin beobachtete Hemmung des Tumorwachstums und die in in vitro-Versuchen durch Extrakte gezeigte Hemmung der Aktivität der proteolytischen Enzyme Elastase, Trypsin und a-Chymotrypsin.

Anwendungsgebiete: Leichte unspezifische Durchfallerkrankungen.

Dauer der Anwendung: Sollten die Durchfälle länger als 3-4 Tage anhalten ist ein Arzt aufzusuchen.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Innerlich bei Magen- und Darmbeschwerden, äußerlich als Gurgelwasser bei Entzündungen im Mund- und Rachenbereich, auf der Haut bei Geschwüren, Ekzemen und anderen Hautausschlägen sowie als Zusatz zu Sitzbädern bei Unterleibserkrankungen. Obwohl Wirksamkeitsbelege fehlen, erscheint eine Wirkung infolge des Gehalts an Gerbstoffen plausibel. Außerdem in der Gynäkologie zur Behandlung von Beschwerden im Klimakterium und bei Dysmenorrhoe, wobei eine derartige Wirksamkeit in keiner Weise erwiesen ist. Vielmehr geht diese Verwendung vermutlich auf die Signaturenlehre zurück, was auch im deutschen Namen „Frauenmantel“ seinen Niederschlag findet: Die großen, rundlichen, etwas gefalteten Blätter erinnern an einen großen Mantel, wie er auf vielen Heiligenbildern von der Mutter Gottes getragen wird.

Gegenanzeigen: Keine bekannt. Bei Säuglingen und Kleinkindern darf die Anwendung nur nach Rücksprache mit einem Arzt erfolgen.

Unerwünschte Wirkungen: Kaum zu erwarten, obwohl wenige Fälle von Leberschäden durch die im Frauenmantelkraut enthaltenen Tanningerbstoffe beschrieben wurden.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Mittlere Tagesdosis 5-10 g Droge. Anwendung ausschließlich in Form von selbst herzustellenden Auszügen, von denen täglich 1 - 3 Tassen zu trinken sind. Zur Herstellung eines Kaltwasserauszuges 3 Teelöffel (1 Teelöffel = ca. 0,9 g) mit 1 Tasse kaltem Wasser übergießen, 5 Stunden ziehen lassen und dann durch ein Teesieb geben. Zur Bereitung eines Teeaufgusses gleiche Menge mit 1 Tasse heißem Wasser übergießen und nach 10 Minuten durch ein Teesieb geben. Infolge der insgesamt nur recht moderaten Wirkung häufiger Kombination mit anderen Gerbstoffdrogen.

Sonstige Verwendung: Die grünlichen Blüten wurden in Deutschböhmen am Fronleichnamstag zu Kränzen geflochten und zur Prozession mitgetragen, da dies angeblich vor Blitzeinschlägen schützen sollte (volkstümliche Bezeichnung „Gewittergras“).


Bilder:

Auffälligstes Merkmal der Pflanze sind die großen, gesägten und unabhängig stets zumindest etwas gefalteten Blätter (Abbildung unten). Ebenfalls recht auffallend sind die lockeren Blütenstände, die zahlreiche sehr kleine Blüten enthalten (Abbildung links). Bei den nur etwa 3 mm großen Blüten fehlen die Kronblätter. Stattdessen ist neben den 4 Kelchblättern ein 4zähliger Außenkelch vorhanden (Abbildung rechts).


Literatur: Hager-ROM 2003; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, , Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 173 vom 18.09.1986; Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, 5. Nachtrag und 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Schilcher H, Kammerer S, Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer Verlag, München - Jena 2003.


© Thomas Schöpke