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Löwenzahn - Taraxaci herba cum radice [DAC 2004]

Stammpflanzen: Taraxacum officinale F. H. WIGG.-Gruppe / Gewöhnlicher Löwenzahn [Fam. Asteraceae / Korbblütengewächse]. Synonyme: Taraxacum officinale ist eine ausgesprochen formenreiche Art, die als Gruppe unter dem botanischen Namen Taraxacum officinale F. H. WIGG.-Gruppe zusammengefasst wird. Der DAC gibt als Namen Taraxacum officinale WEBER an. Dieser entspricht jedoch nicht der aktuellen Nomenklatur. Weitere Synonyme sind Leontodon officinale WITH., Leontodon taraxacum L., Taraxacum dens-leonis DESF., Taraxacum officinale WEB. ex WIGG., Taraxacum officinale (WITH.) WIGGERS und Taraxacum vulgare SCHRANK. Dt. Synonyme: Häufig verwendete Synonyme für den Löwenzahn sind Butterblume, Kuhblume und Pusteblume. Darüber hinaus existieren für die in Deutschland weit verbreitete Pflanze unzählige weitere, zum Teil heute nicht mehr gebrauchte oder nur regional genutzte Bezeichnungen. Zu diesen zählen Augenwurzel, Bärenzahn, Bettbrunzer, Bettseicher, Bettpisser, Bienenblume, Bitterblume, Blasblume, Butterschmargel, Dotterblume, Eierblume, Federkopf, Feldblume, Feldsalat, Gänsedistel, Gänsezunge, Giftblume, Grindbusch, Kettenblume, Krebsblume, Kuhblatscher, Kuhscheiß, Lausblume, Löwenkraut, Maiblume, Milchblume, Milchkraut, Milchling, Milchstock, Mönchskopf, Pfaffenkraut, Pfaffenröhre, Pferdeblume, Rinderblume, Ringelblume, Röhrkraut, Salatblume, Saublume, Schäfchenblume, Schmalzblume, Sonnenblume, Sonnenwurzel, Speckblume, Tellerblume, Wiesenlattich, Zackenblume, Zichorie sowie Zigeunersalat. Englisch: Blowball, common dandelion, cankerwort, dandelion, Irish daisy, lion's-tooth, milk gowan, monk's head, puffball, yellow gowan, witch gowan.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Die Taraxacum-officinale-Gruppe besteht aus ca. 140 Kleinarten. Daraus resultiert eine große Formenvielfalt. Allgemein handelt es sich um mehrjährige, ausdauernde Kräuter, deren Höhe zwischen 2 cm und 1 m variieret. Sämtliche Teile enthalten Milchsaft. Das kurze Rhizom geht fließend in eine kräftige, 20 bis 50 cm lange und bis 2 cm dicke Pfahlwurzel über. Der Stengel ist aufrecht oder aufsteigend, die Laubblätter sind meist tief eingeschnitten, lanzettlich und schrotsägezähnig gelappt. Den vorderen Abschluss bildet ein großer, dreieckiger Endlappen. Die Blattstiele sind meist rotviolett angelaufenen. Die Blütenkörbchen befinden sich einzeln am Ende eines langen, unbeblätterten, röhrigen Schaftes, der aus den Blattachseln heraustritt. Sie bestehen ausschließlich aus Zungenblüten. Diese sind goldgelb gefärbt und stets zwittrig. Die recht kleinen Früchte sind geschnäbelt, grau bis dunkelbraun oder schwarz gefärbt und oben mit einem Schlauch versehen, an dessen Ende der weiße Pappus entspringt. Die Blütezeit reicht von März bis Juli, die Hauptblüte ist meist im Mai.

Verbreitung: Heimisch in Europa und Asien. Eingebürgert in Nord- und Südamerika. Besiedelt Böden und Standorte unterschiedlicher Art. Besonders häufig anzutreffen auf Fettwiesen und –weiden, Äckern, Dünen sowie an Ruderalstellen, in Südamerika (Feuerland) auch in Wälder vordringend.

Droge: Die im Frühjahr vor der Blüte geernteten und getrockneten, ganzen oder geschnittenen, oberirdischen Teile von Taraxacum officinale mit dem Wurzelstock, der Pfahlwurzel oder mit deren Teilen.

Beschreibung der Droge: Wurzel spindelförmig, 10 bis 20 cm lang und 0,5 bis 1,5 cm dick, nur wenig verzweigt, grob längsfurchig, dunkelbraun bis hell gelblichbraun, hart und glatt brechend. Im Querbruch ist ein kleiner, gelber Holzkörper, der bei Lupenbetrachtung fein porös erscheint, und eine breite, weißliche bis hell bräunliche Rinde mit zahlreichen feinen, dunkleren, konzentrischen Ringen zu erkennen. Am oberen Ende geht die Wurzel in den Wurzelstock über. Dieser ist kurz, quer geringelt und mehrköpfig. Die kahlen oder leicht wollig behaarten Blätter sind lanzettlich, schrotsägeförmig gelappt und gegen die Blattstiele verschmälert. Endlappen der Blätter groß und dreieckig, Blattstiele oft rotviolett gefärbt. Knospen der Blütenstände auf hohlen, blattlosen Stielen stehend, umgeben von einem Hüllkelch aus lineallanzettlichen, grünen, an der Spitze oft dunkleren Blättern. Beim Öffnen werden die gelben Zungenblüten sichtbar, die einen kurz gestielten, aus einfachen, höchstens kurz gezähnelten Haaren bestehenden weißlichen Pappus besitzen. Die Schnittdroge ist durch außen dunkelbraune Wurzelstücke mit kleinem, gelben Holzkörper und breiter, heller Rinde, Blattstücke, rotviolette Blattstiele, Blütenstandsknospen und einzelne gelbe Zungenblüten gekennzeichnet.

Geruch und Geschmack: Geruch schwach eigenartig, Geschmack bitter.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Bettseicherpflanze, Löwenzahn, Löwenzahn-Ganzpflanze, Taraxacum-officinale-Ganzpflanze, Pissblume. Englisch: Dandelion herb and root. Lateinisch: Herba Taraxaci cum radice, Radix et Folia Dentis Leonis, Radix Taraxaci cum herba.

Herkunft: Sowohl aus der Wildsammlung als auch aus Kulturbeständen. Hauptlieferländer sind Bulgarien, die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien, Polen, Rumänien und Ungarn.

Gewinnung der Droge: Die Trocknung der Droge erfolgt an der Luft ohne Wärmezufuhr.

Inhaltsstoffe: Hauptsekundärstoffe sind Sesquiterpenlactone, Triterpene, Flavonoide, Phenolcarbonsäuren und Cumarine. Gehaltsangaben zu diesen Stoffgruppen fehlen. Sesquiterpenlactone vom Eudesman-Typ: Tetrahydroridentin B und Taraxacolid-1-β-D-glucopyranosid; Germacran-Typ: Taraxinsäure-ß-D-glucopyranosid, 11,13-Dihydrotaraxinsäure-1-O-β-D-glucopyranosid, Ainsliolid; Guaian-Typ: 11ß,13-Dihydrolactucin, Ixarin D. Triterpene:  Taraxasterol, Arnidiol, y-Taraxasterol, y-Taraxasterolacetat, Faradiol, Taraxerol, y-Taraxerol, Taraxol. Flavonoide: 7-O-Glucoside von Apigenin, Quercetin und Luteolin, Luteolin-4’-O-glucosid, Isorhamnetin-3-O-glucosid und 3,7-Di-O-glucosid. Zahlreiche freie Phenolcarbonsäuren, darunter u. a. Kaffeesäure, Cichoriensäure und Chlorogensäure, und Glykoside von Phenylpropanderivaten (Dihydroconiferin, Syringin, Dihydrosyringin). Cumarine: Scopoletin, Aesculetin, Cichoriin, Umbelliferon. Sonstige Bestandteile: Taraxacosid (= β-O-[4-O-(p-Hydroxyphenylacetyl)-β-D-glucopyranosyl]-β-hydroxy-γ-butyrolacton [21], p-Hydroxyphenylessigsäure, β-Sitosterol und dessen Glucosid, in der Wurzel ca. 1,1% Schleim sowie 2 % Inulin.

Wirkungen: Löwenzahn besitzt eine choleretische Wirkung sowie appetitanregende Eigenschaften. Weiterhin werden der Droge diuretische, antiphlogistische, spasmolyische und stoffwechselanregende Wirkungen zugesprochen, für die jedoch Belege aus pharmakologischen Untersuchungen fehlen.

Anwendungsgebiete: Störungen des Gallenflusses, Appetitlosigkeit und dyspeptische Beschwerden.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Zur Anregung des Harnflusses, zur Vorbeugung der Bildung von Nierengrieß und Nierensteinen, bei Nieren- und Blasenleiden, Erkrankungen von Leber und Galle, Hämorrhoiden, Stauungen im Pfortadersystem, Gicht, rheumatischen Erkrankungen sowie bei Ekzemen und anderen Hauterkrankungen. Eine Wirksamkeit bei diesen Anwendungsgebieten konnte bislang nicht belegt werden.

Gegenanzeigen: Verschluss der Gallenwege, Gallenblasenempyem, Ileus (Darmverschluss bzw. Darmlähmung). Bei Gallensteinleiden darf eine Anwendung nur nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgen.

Unerwünschte Wirkungen: Infolge des Gehalts an Bitterstoffen können vereinzelt Magenbeschwerden ausgelöst werden.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Die Teebereitung kann entweder als Abkochung oder als Teeaufguss erfolgen. Zur Bereitung einer Abkochung 3 bis 4 g geschnittene oder gepulverte Droge (etwa 1 Esslöffel) mit einer Tasse kaltem Wasser übergießen, kurz abkochen und durch ein Teesieb geben. Mehrmals täglich eine Tasse trinken. Zur Herstellung eines Teeaufgusses gleiche Menge der geschnittenen Droge mit einer Tasse kochendem Wasser übergießen und nach 10 Minuten durch ein Teesieb geben. Jeweils vor den Mahlzeiten eine Tasse trinken.

Sonstige Verwendung: Das frische Kraut wird bei Diabetis als Gemüse verwendet.

Bilder:

Löwenzahn ist besonders häufig in Weiden anzutreffen. Dort finden sich oft derart viele Pflanzen, dass zur Hauptblütezeit im Mai weite Landstriche gelb gefärbt sind (Abbildung links). Zu den besonders charakteristischen Merkmalen der Art zählen die schrotsägeförmig gelappten Blätter (Abbildung unten) sowie der schöne, weiße, die Früchte krönende Pappus (Abbildung rechts).


Literatur: Deutscher Arzneimittelcodex (DAC) 1998; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Hänsel R, Sticher O, Steinegger E, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1999; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 228 vom 05.12.84 (Berichtigung 01.09.90); Schilcher H, Kammerer S, Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer, München Jena 2003; Senghas K, Seybold S, "Schmeil-Fitschen" - Flora von Deutschland und angrenzender Länder, Quelle & Meyer Verlag, Heidelberg Wiesbaden 1993; Teuscher E, Melzig MF, Lindequist U, Biogene Arzneimittel, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2004; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke