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Schwarze Johannisbeerblätter - Ribis nigri folium [DAC 2004]

Stammpflanze: Ribes nigrum L. / Schwarze Johannisbeere [Fam. Grossulariaceae / Stachelbeergewächse]. Synonyme:  Ribes nigrum f. chlorocarpum (Späth) Rehder, Ribes nigrum var. chlorocarpum Späth, Ribes olidum MOENCH. Dt. Synonyme: Zu den zahlreichen deutschsprachigen, meist regionalen und heute nur noch selten gebrauchten Bezeichnungen zählen A(h)lbeere, Bocksbeeren, Bräunebeere, Gichtbaum, Gichtbeere, Gichtkirschen, Gichtstrauch, Juchandelstrauch, Kakelbeere, Kassis, Lendenschmerzenkraut, Pfefferbeerlein, Pfefferbeerstrauch, Scheißbeere, Schusterbeere, Schwarze Träuble, Schwarze Zeitbeere, Stinkert, Wanzenbeere und Wasserbeeren. Englisch: black currant.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Im April und Mai blühender, 0,8 bis 1,5 m hoher, charakteristisch riechender Strauch mit in der Jugend behaarten Zweigen. Die sommergrünen Laubblätter sind drei- bis fünflappig, am Grund mehr oder weniger herzförmig und doppelt gesägt. Auf der Blattunterseite befinden sich gelbliche Drüsen. Die 5zähligen, grünlichweißen Blüten sind in hängenden, meist vielblütigen Trauben. angeordnet. Die Tragblätter sind kürzer als der Blütenstiel, lanzettlich und behaart, Achsenbecher und Kelch behaart und drüsig punktiert. Die Kelchzipfel sind länglich, zurückgeschlagen und etwa doppelt so lang wie die länglichen Kronblätter. Der Fruchtknoten ist der Spitze etwas gewölbt und scharf vom Griffel abgesetzt. Die kugeligen, drüsig punktierten Beerenfrüchte besitzen einen eigenartigem, an Wanzen erinnernden Geruch.

Verbreitung: Heimisch von Frankreich über Mittel-, Nord- und Osteuropa (in Europa im Mittelmeergebiet fehlend) bis nach Ost-Sibirien, die NW-Mongolei und den chinesischen Provinzen Heilongjiang, Nei Monggol, Xinjiang. Durch Garten- und Feldkultur auch auf andere Kontinente gelangt und dort zum Teil verwildert. In Mitteleuropa anzutreffen auf relativ nährstoffreichen Böden in feuchten bis nassen, zeitweise überfluteten Erlenbrüchen, Auenwäldern, Flachmooren und Gebüschen.

Droge: Die während oder kurz nach der Blütezeit gesammelten, ganzen oder geschnittenen, getrockneten Laubblätter von Ribes nigrum L., die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Flavonoiden von 0,8 Prozent aufweisen, berechnet als Hyperosid.

Beschreibung der Droge: Die meist zur Oberseite hin gefalteten oder eingerollten Blätter sind gelappt, 3 bis 9 cm lang, 4 bis 11 cm breit, am Grund herzförmig, am Rand doppelt gesägt. Die 3 bis 5 Blattlappen sind breit-eiförmig und spitz. Die Blattoberseite ist wenig behaart und dunkelgrün, die Unterseite hellgrün mit einer maschig hervortretenden Nervatur mit schwach behaarten Haupt- und Seitennerven. Auf der Unterseite befinden sich zudem gelblich glänzende Drüsenhaare, die als schwach papillöse, dichte Punktierung erscheinen (s. Abbildung eines frischen Blattes). Die Blattstiele sind gelbgrün bis braungrün und oberseits rinnenförmig. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch runzelige, oft in mehreren Schichten aneinander haftende Blattstücke, bei denen die Blattnervatur, die drüsige Punktierung und die spitzen Zähnchen des Blattrandes erkennbar sind. Außerdem finden sich häufig Teile der Blattstiele.

Geruch und Geschmack: Geruch- und geschmacklos.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Ahlbeerblätter, Bocksbeerblätter, Cassistee, Gichtbeerblätter, Wanzenbeerblätter. Englisch: Black Currant Leaf. Lateinisch: Folia Ribis nigri.

Herkunft: Ausschließlich aus dem Anbau. Hauptlieferländer sind Polen, Ungarn und Rumänien. Weitere Droge wird aus Frankreich und Holland importiert.

Gewinnung der Droge: Entsprechend der Arzneibuch-Forderungen erfolgt die Sammlung während oder kurz nach der Blütezeit. Getrocknet wird an der Luft im Schatten oder in schonend in Trocknungsanlagen bei maximal 60 °C.

Inhaltsstoffe: Flavonoide: Gehalt ca. 0,5 %. Überwiegend Flavonole mit Kämpferol und Quercetin als wichtigsten Aglykonen. Ferner Glykosides des Myrecetins und Isorhamnetins. Proanthocyanidine: Gehalt ca. 0,4 %, unter diesen Catechin, Epicatechin, die dimeren Prodelphinidine Gallocatechin-(4α -> 8)-epigallocatechin und Gallocatechin-(4α -> 8)-gallocatechin und das trimere Prodelphinidin Gallocatechin-(α -> 8)-gallocatechin-(α -> 8)-gallocatechin. Weitere Inhaltsstoffe: In Spuren ein aus Mono- und Sesquiterpenen zusammengesetztes ätherisches Öl, Vitamin C, geringe Mengen an Phenolcarbonsäuren, darunter Kaffeesäure, Chlorogensäure und Protocatechusäure, Triglyceride mit Linolensäure und cis-7,10,13-Hexadecatriensäure als dominierenden Fettsäuren.

Wirkungen: Der Droge wird insbesondere eine diuretische Wirkung zugesprochen. Nachweise hierfür wurden in verschieden pharmakologischen Untersuchungen erbracht. Infolge nicht den heutigen Ansprüchen genügendem Studiendesign gilt der Wirkungsnachweis jedoch als unsicher. Weiterhin zeigten Extrakte sowie aus der Schwarzen Johannisbeerblättern gewonnene Substanzen und Substanzfraktionen in Tierversuchen blutdrucksenkende, antiexsudative, enzymhemmde (Elastasehemmung) und antioxidative Effekte sowie eine Hemmung der Biosynthese der Prostaglandine.

Anwendungsgebiete: Die Anwendung erfolgt ausschließlich in der Volksheilkunde. Hauptsächlich verwendet zur  Steigerung der Harnmenge im Rahmen einer Durchspülungstherapie bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege und bei Nierengrieß. Weitere volkstümliche Anwendungsgebiete sind Gicht, rheumatische Beschwerden, Durchfall und Krampfhusten. Selten wird die Droge auch äußerlich zur Wundbehandlung eingesetzt. Wirkungsnachweise durch klinische Studien fehlen für sämtliche der genannten Anwendungsgebiete.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Die Anwendung erfolgt insbesondere mittels Teezubereitungen. Zur Teebereitung werden 2 bis 4 g (2 bis 4 Teelöffel) der fein geschnittenen Droge mit kochendem Wasser übergossen, 5 bis 10 Minuten bedeckt stehen gelassen und anschließend durch ein Teesieb gegeben. Alternativ kann auch kalt angesetzt und kurz aufgekocht werden. Mehrmals täglich eine Tasse des frisch bereiteten Teeaufgusses trinken.


Bilder:

Die Abbildung links oben zeigt einen typischen Standort der Schwarzen Johannisbeere in einem teilweise überfluteten Buchenwald. Der 0,8 bis 1,5 m hohe Strauch besitzt relativ wenige große, sommergrüne, wechselständig angeordnete Blätter (s. Abbildung rechts oben). Die unscheinbaren Blüten befinden sich in herabhängenden, vielblütigen Trauben. Sie besitzen einen kurzen Stiel, an dessen Basis bei genaurem Hinsehen zwei unscheinbare Deckblätter zu erkennen sind (s. Abbildung links unten). Die Kronblätter sind nur halb so lang wie die Kelchblätter und werden von den Kelchzipfeln nahezu verdeckt (s. Abbildung links unten). Der oft als unangenehm bis widerlich empfundene Geruch wird verursacht durch das Sekret, welches in Drüsen enthalten ist, die sich u. a. auf der Unterseite der Blätter befinden (s. Abbildung rechts unten).

 


Literatur: Deutscher Arzneimittelcodex (DAC) 2004; Dobson G, Leaf lipids of Ribes nigrum: A plant containing 16:3, a-18:3, g-18:3 and 18:4 fatty acids, Biochemical Society Transactions 28 (2000): 583-586; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Matsumoto H, Nakamura Y, Hirayama M, Yoshiki Y, Okubo K, Antioxidant Activity of Black Currant Anthocyanin Aglycons and Their Glycosides Measured by Chemiluminescence in a Neutral pH Region and in Human Plasma, Journal of Agricultural and Food Chemistry 50 (2002): 5034-5037; Schilcher H, Kammerer S, Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer, München Jena 2003; Tits M, Angenot L, Poukens P, Warin R, Dierckxsens Y, Prodelphinidins from Ribes nigrum, Phytochemistry 31 (1992): 971-973; Tits M, Angenot L, Warin R, Dierckxsens Y, Proanthocyanidins from Ribes nigrum leaves. Isolation and structure determination, Bulletin de Liaison - Groupe Polyphenols 16 (1992): 178-181; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke