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Bitterkleeblätter - Menyanthidis trifoliatae folium
[Ph. Eur. 7.0 (01/2008:1605) letzte Änderung 6.0]

Stammpflanzen: Menyanthes trifoliata L. / Fieberklee, Bitterklee [Fam. Menyanthaceae / Fieberkleegewächse]. Synonyme: Menyanthes palustris TOURN, Trifolium castoris THAL, Trifolium fibrinum TAB., Trifolium palustre DOD. Dt. Synonyme: Neben den zwei gleichberechtigt gebrauchten deutschen Namen existieren zahlreiche meist nur regionale und oft bereits veralterte Bezeichnungen, die sich häufig auf die Gestalt von Blättern und Blüte, den bitteren Geschmack und die Verwendung als Heilpflanze beziehen. Zu diesen zählen Biberklee, Bitterblatt, Bocksbart, Bocksbohnen, Boonenkohl, Dreiblatt, Entenfuß, Froschblätter, Gallkraut, Hasenkohl, Judenklee, Löffelkraut, Magenklee, Monatsblume, Schafklee, Scharbocksklee, Siedeblümchen, Steinklee, Sumpfklee, Wasserdreiblatt, Wasserkastanie, Wilde Hyazinthe und Zottenblume. Englisch: Bitter worm, bog-bean, bog-myrtle, brook bean, buckbean, marsh-clover, marsh-trefoil, water shamrock, water-trefoil.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Von Mai bis Juni blühende, ausdauernde, 15 bis 30 cm hohe Pflanze mit waagerecht im Boden kriechendem, 1 bis 1,5 cm dickem, gegliedertem und verzweigtem, elfenbeinfarbenem, bei Lichteinwirkung grünem Wurzelstock, der in einen aufsteigenden Stengel übergeht. Die vom Rhizom entspringenden Wurzeln reichen bis in eine Tiefe von 90 cm. Die Laubblätter sind wechselständig angeordnet und dreiteilig. Nebenblätter sind nicht vorhanden, der Blattstiel ist 7 bis 20 cm lang und am Grunde scheidenartig verbreitert. Die großen, bis 10 cm langen Blättchen sind eiförmig, fast sitzend, ganzrandig oder gekerbt, kahl, etwas fleischig und vorne stumpf oder spitz. Etwa 10 bis 20 Blüten sind in lang gestielten, kegelförmigen, etwa 7,5 cm langen Trauben angeordnet, die sich bereits im Spätsommer des Jahres vor der Blüte entwickeln. Die Blüten bilden drei Formen aus (sog. "Heterostylie"): 1. kurze Staubblätter und langer Griffel; 2. lange Staubblättern und kurzer Griffel; 3. lange Staubblätter und langer Griffel. Die Blütenstiele sind 5 bis 10 mm lang und damit länger als die kleinen oder völlig fehlenden Tragblätter. Kelchblätter 5, länglich stumpf. Krone etwas fleischig, im Durchmesser 15 mm. Kronblätter 5, außen rosafarben, innen heller oder weiß, auf der Innenseite gefranst mit langen saftreichen Haaren. Staubblätter 5, der Kronröhre eingefügt, mit pfeilförmigen, spreizenden, dunkelvioletten Antheren. Griffel fadenförmig, Narbe zweispaltig. Die Kapselfrüchte sind rundlich bis eiförmig, 7 bis 13 mm lang, einfächerig mit zahlreichen Samen.

Verbreitung: Gemäßigte Zone der gesamten nördlichen Hemisphäre. Auf kalkarmen Böden in zeitweilig überfluteten, mesotrophen Flach- und Quellmooren, auf Schwingrasen sowie am Rand verlandender, stehender Gewässer.

Droge: Die getrockneten, ganzen oder zerkleinerten Blätter von Menyanthes trifoliata L.

Beschreibung der Droge: Blätter 3zählig und lang gestielt. Blattstiel am Grund scheidenartig verbreitert, ausgeprägt längsstreifig, Durchmesser bis 5 mm. Die drei nahezu gleich großen, sitzenden Blättchen sind bis 10 cm lang und bis 5 cm breit, verkehrt eiförmig, am Grund spatelförmig, ganzrandig, kahl, auf der Oberseite dunkelgrün und auf der Unterseite heller. Sie besitzen bräunliche oder rötliche Wasserspalten und einen breiten, weißlichen, fein gestreiften, auffälligen Hauptnerv. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch hellgrüne bis graugrüne Blattstückchen, z. T. mit den runzeligen, bräunlich verfärbten Blattnerven. Die Bruchstücke der dickeren Blattstiele sind stark geschrumpft und erscheinen daher runzelig-längsrinnig. Nur selten erkennbar sind die Ansatzstellen der drei Blättchen.

Geruch und Geschmack: Fast geruchlos, Geschmack anhaltend sehr bitter.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Fieberkleeblätter. Englisch: Buckbean leaves, marsh trefoil leaf. Lateinisch: Folia Menyanthidis, Folia Menyanthis, Folia Trifolii amari, Folia Trifolii antiscorbutici, Folia Trifolii aquatici, Folia Trifolii fibrini, Folia Trifolii palustris, Folium Menyanthis, Folium Trifolii fibrini, Menyanthis folium, Trifolii fibrini folium.

Herkunft: Importe aus osteuropäischen und Balkanländern, wo die Sammlung von wild wachsenden Pflanzen erfolgt.

Gewinnung der Droge: Die Sammlung erfolgt überwiegend vor der Blütezeit. Die Trocknung sollte möglichst schnell unter häufigem Wenden der Blätter erfolgen, da diese fleischig sind und das Wasser zurückhalten.

Inhaltsstoffe: Hauptinhaltsstoffe der Droge mit einem Gehalt von ca. 1 % sind Bitterstoffe, bei denen es sich aus chemischer Sicht überwiegend um Dimere von Seco-Iridoiden handelt. Mengenmäßig dominierende Komponente ist das Dihydrofoliamenthin, weitere Komponenten sind Foliamenthin und Menthiafolin sowie die monomeren Iridoidglykoside Swerosid und Loganin. Flavonoide: Gehalt etwa 2 %, Hauptkomponenten Hyperosid (Gehalt 0,41 bis 1,15 %) und Rutosid (0,32 bis 0,93 %). Weitere Bestandteile: Geringe Mengen an Cumarinen (u. a. Scopoletin), Phenolcarbonsäuren (u. a. Chlorogensäure, Ferulasäure, Isochlorogensäure, Kaffeesäure und Neochlorogensäure), Triterpenen (u. a. Betulinsäure) und nicht näher definierten Gerbstoffen.

Wirkungen: Der Droge wird eine Förderung der Magen- und Speichelsekretion zugeschrieben. Ein experimenteller Wirkungsnachweis wurde bisher nicht erbracht, jedoch erscheint die Wirkung infolge des Gehalts an Bitterstoffen plausibel. Nachgewiesen wurde demgegenüber eine antimikrobielle Wirkung gegen verschiedene Gram-positive und Gram-negative Bakterien.

Anwendungsgebiete: Appetitlosigkeit und dyspeptische Beschwerden.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Die zahlreichen Indikationen der Volksheilkunde reichen von Magenverstimmungen, Verstopfung, Blähungen, Gastritis, Sodbrennen, Rheumatismus, Gicht, Trigeminus-Neuralgie, Skorbut und Migräne bis zur äußerlichen Anwendung bei Hautkrankheiten wie Flechten und Geschwüren sowie der innerlichen Verwendung als Wurmmittel. Eine Wirksamkeit wurde bisher für keines dieser Anwendungsgebiete nachgewiesen.

Wissenswertes: Die zweite gebräuchliche Bezeichnung "Fieberklee" deutet darauf hin, dass die Droge eine antipyretische Wirksamkeit aufweist. Tatsächlich wurden Menyanthes-Blätter in der Vergangenheit auch häufig als Fiebermittel verwendet. Entsprechend der aus dem Jahr 1938 stammenden Angaben von Madaus entfiel zu diesem Zeitpunkt noch etwa ein Viertel aller Verordnungen auf die als Fiebermittel. Allerdings konnte bis heute kein Nachweis einer fiebersenkenden Wirksamkeit erbracht werden und auch in der Volksheilkunde der heutigen Zeit spielt diese Indikation nahezu keine Rolle mehr. Lediglich in der Homöopathie wird die Droge noch bei Fieberanfällen verwendet. Weitere wichtige homöopathische Anwendungsgebiete sind Kopfschmerzen und Muskelschmerzen.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Soweit nichts anderes verordnet wurde, beträgt die Tagesdosis 1,5 bis 3 g Droge. Zur Teebereitung 0,5 bis 1 g (1 Teelöffel entspricht etwa 0,9 g) der fein geschnittenen Droge mit einer Tasse kochendem Wasser übergießen oder kalt ansetzen und kurz aufkochen. Nach 5 bis 10 Minuten durch ein Teesieb geben. Etwa eine halbe Stunde vor den Mahlzeiten eine Tasse des ungesüßten Tees trinken.

Sonstige Verwendung: Aufgrund des bitteren Geschmacks wird Bitterklee vergleichbar mit Enzianwurzel und anderen Bitterstoffdrogen in der Likörindustrie zur Herstellung von Aperitiven und bitter schmeckenden Schnäpsen verwendet. In Skandinavien erfolgt ferner eine Nutzung zum Zwecke der Geschmacksverbesserung des Biers.


Bilder:

Der bis zu 30 Jahre alt werdende Fieberklee besitzt ein langes, waagerecht kriechendes Rhizom, wodurch einzelne Pflanzen häufig breite Bereiche an Gewässerkanten besiedeln können  (s. Abbildung unten). Charakterisiert ist die Art ferner durch das Vorkommen an feuchten Standorten (Namensgebung "Sumpfklee, Wasserdreiblatt, Wasserkastanie"), die dreiteiligen Blätter (s. Abbildung links; Namensgebung "Klee") sowie die einzigartigen, seidigen, gefransten Blüten (s. Abbildung rechts; Namensgebung "Siedeblümchen, Zottenblume").


Literatur: Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, Grundwerk 2002 und 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Hänsel R, Sticher O, Steinegger E, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1999; Madaus G, Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, Thieme Verlag, Leipzig 1938; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 22a vom 01.02.1990; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke