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Herzgespannkraut - Leonuri cardiacae herba
[Ph. Eur. 7.0 (01/2008:1833) letzte Änderung 6.0]

Stammpflanzen: Leonurus cardiaca L. / Herzgespann [Fam. Lamiaceae / Lippenblütengewächse]. Synonyme: Cardiaca trilobata LAM., Cardiaca vulgaris MOENCH, Leonurus campestris ANDRZ., Leonurus canescens DUMORT, Leonurus trilobatus (LAM.) DULAC. Dt. Synonyme: Beschreikraut, Hertzkraut, Herzgesperr, Herzspan, Löwenschwanz, Sibirischer Löwenschwanz, Wild Mutterkraut, Wolfsfuß, Wolfsschwanz, Wolfstapp, Wundkraut. Englisch: Motherwort.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Von Juni bis September blühendes, ausdauerndes Kraut mit kurzem, verholztem Rhizom. Der Stengel ist 30 bis 100 cm hoch, verzweigt und auf den Rippen mit kurzen, kräuseligen Haaren besetzt. Blätter 7 bis 12 cm lang und 2 bis 4 cm breit, gestielt, mit grob gezähntem Blattrand, untere handförmig 3- bis 7spaltig, obere 3lappig. Blätter im Bereich der Blütenstände elliptisch, an der Basis eiförmig, mit 2 großen seitlichen Zähnen. Blüten in zahlreichen Scheinquirlen, die einen ährigen Gesamtblütenstand bilden. Kelch kahl, 5nervig, 4 bis 8 mm lang, Kelchzähne 3 bis 3,5 mm lang, pfriemlich, starr und begrannt, die zwei oberen Zähne zurück gebogen. Krone weiß oder zart rosa, manchmal mit purpurnen Flecken, 8 bis 12 mm lang, den Kelch deutlich überragend. Kronoberlippe an der Außenseite weiß behaart, seltener kahl. Klausenfrüchte braun, 2,5 bis 3 mm lang, an der Spitze mit einem Haarschopf.

Verbreitung: Heimisch in fast ganz Europa (fehlend in Großbritannien, Irland, Island und Schweden) und in der Türkei. Verwandte, nicht in jedem Fall abgegrenzte Arten sind in West- und Mittelasien heimisch. In Nordamerika eingeschleppt und verwildert. In Deutschland anzutreffen auf nährstoffreichen Böden an frischen bis mäßig frischen, meist stickstoffreichen Ruderalstellen wie Weg- und Straßenränder, Schuttflächen, Mauern und Zäune sowie an Rändern von Gebüschen und Hecken.

Droge: Die ganzen oder geschnittenen, getrockneten, blühenden oberirdischen Teile von Leonurus cardiaca L., die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Flavonoiden von 0,2 Prozent aufweisen, berechnet als Hyperosid.

Beschreibung der Droge: Bestandteil der Droge sind Stängel, Grundblätter, Stängelblätter und Blüten. Stengelstücke bis 10 mm dick, behaart, kräftig vierkantig, längs gestreift, innen hohl, mit kreuzgegenständig angeordneten, gestielten Blättern. Oberseite der Blätter grün und vereinzelt behaart, Unterseite blassgrün und dicht behaart, mit deutlich hervortretender handförmiger und netzartiger Nervatur. Untere Blätter im Umriss eiförmig-rundlich, tief 3- bis 5-lappig, zuweilen bis 7-lappig, die Lappen unregelmäßig gezähnt. Obere Blätter ungeteilt oder schwach 3-spaltig, am Grund keilförmig, mit gesägtem Rand. In den Achseln der oberen Blätter Wirtel aus 6 bis 12 kleinen Blüten, die in ihrer Gesamtheit eine lange Ähre bilden. Blüten mit röhrenförmigem, 3 bis 5 mm langem Kelch mit 5 steifen, auswärts gekrümmten Zähnen. Krone 2-lippig, Oberlippe außen rosa und behaart, Unterlippe weiß mit pupurfarbenen Flecken, Staubblätter 4, dicht behaart. In der in ihrer Gesamtheit braunen bis graugrünen Schnittdroge dominieren die zerbrochenen, vierkantigen, hohlen Stengelteile mit ihrer weißen Innenseite. Die Blütenkelche liegen einzeln vor oder als vollständige Scheinquirle. Die Kronblätter sind rosa gefärbte und behaart. Die Blattfragmente sind spröde, leicht runzelig, mit dunkler Oberseite und hellgraugrüner, dicht behaarter Unterseite, auf der die Nerven deutlich hervortreten. Die Teilfrüchte sind tetraederförmig und glänzend hellbraun.

Geruch und Geschmack: Geruch kaum wahrnehmbar, Geschmack leicht bitter.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Leonurus-cardiaca-Kraut, Löwenschwanzkraut, Wolfstrappkraut. Englisch: Motherwort herb. Lateinisch: Herba Cardiacae; Herba Leonuri cardiacae; Leonuri cardiacae herba.

Herkunft: Osteuropäische Länder. Überwiegend aus der Wildsammlung, gelegentlich auch aus dem Anbau.

Gewinnung der Droge: Im Falle des Anbaus mehrmalige Ernte der oberen Pflanzenteile pro Jahr. Trocknung schonend bei einer Höchsttemperatur von 35 °C.

Inhaltsstoffe: Iridoide: Gehaltsangaben fehlen, Hauptkomponten sind Ajugol (= Leonurid), Ajugosid (4-Desoxyharpagid), Galiridosid und Reptosid. Bitterstoffe: Diterpenderivate vom Furano-Labdan-Typ, Hauptkomponenten sind Leocardin, Leosibiricin und Leosibirin, weitere Komponenten 19-Hydroxygaleopsin und 19-Acetoxypregaleopsin. Flavonoide: Glykoside von Quercetin, Kämpferol und Apigenin. Weitere Komponenten: Wenig ätherisches Öl aus Mono- und Sesquiterpenen, etwa 5 bis 9 % Gerbstoffe unbekannter Zusammensetzung, Ursolsäure und verschiedene Kaffeesäurederivate.

Wirkungen: Der Droge werden leicht negativ chronotrope, schwach blutdrucksenkende, spasmolytische, sedative und uteruskontrahierende Wirkungen zugesprochen. Es liegen jedoch keine Ergebnisse pharmakologischer Untersuchungen vor, welche eine der postulierten Wirkungen bestätigen.

Anwendungsgebiete: Nervöse Herzbeschwerden sowie als Adjuvans bei Schilddrüsenüberfunktion.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Asthma bronchiale, Wechseljahresbeschwerden, ausbleibende Regelblutung. Besonders häufig in russischer Volksheilkunde verwendet bei gesteigerter nervöser Reizbarkeit, kardiovaskulären Neurosen und beginnender Hypertonie. Eine Wirksamkeit bei diesen Anwendungsgebieten konnte bisher nicht bewiesen werden.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Die mittlere Tagesdosis beträgt soweit nicht anders verordnet 4,5 g Droge. Die Anwendung erfolgt sowohl als Arzneitee als auch mittels Zubereitungen wie Fluidextrakt oder Tinktur. Zur Teebereitung wird die gesamte Tagesdosis (4,5 g = ca. 4 Teelöffel) mit heißem Wasser übergossen und nach 10 Minuten durch ein Teesieb gegeben.

Sonstige Verwendung: In der Homöopathie u. a. bei Herzbeschwerden bei Blähsucht und bei Schilddrüsenerkrankung.


Bilder:

Das oft auch als Löwenschwanz bezeichnete Herzgespann kann bis über einen Meter hoch werden (s. Abbildung links). Die Blüten sind recht klein und in kompakten Scheinquirlen angeordnet. Auffälligstes Merkmal der Pflanze sind die tief eingeschnittenen Blätter (s. Abbildung rechts).


Literatur: Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, 3. Nachtrag und 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Hänsel R, Sticher O, Steinegger E, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1999; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 50 vom 13.03.1986; Schilcher H, Kammerer S, Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer, München Jena 2003; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke