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Taubnesselblüten - Lamii albi flos [DAC 2001]

Stammpflanzen: Lamium album L. / Weiße Taubnessel [Fam. Lamiaceae / Lippenblütengewächse]. Synonyme: Lamium capitatum SM., Lamium vulgatum var. album BENTH. Dt. Synonyme: Für die Arten der Gattung Namen existieren zahlreiche deutschsprachige Synonyme. Zu diesen zählen besonders Bezeichnungen, die sich auf die brennnesselartigen Blätter beziehen wie Blinde Brennnessel, Doofnettel, Hühnernessel, Hundsnessel, Sengnessel, Staubbrennnessel, Taube Nessel, Wilde Brennnessel und Zahme Brennnessel. Auf das Vorhandensein von Nektar, welches von Kindern aus den Blüten gesaugt wurde, beziehen sich Namen wie Sauger, Honigsauger, Lutschblom, Suggelblume, Zuckersauger und Zuckerschnuller. Weitere Namen sind Bienesaug, Erzengel, Heilig Fleisch, Honigblume, Hummel, Immenblume, Löffelblume, Milchblume, Windisch und Wurmnessel. Synonyme für Weiße Taubnessel sind u. a. Gewitterblume, Weiße Goldessel, Weiße Brennnessel, Weisse Hummel, Weißer Kuckuck und Weißes Taubenkröpfchen. Englisch: white dead-nettle, white nettle.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Von April bis Oktober blühendes, ausdauerndes Kraut mit kriechendem, verzweigtem Rhizom. Der Stengel ist 20 bis 50 cm hoch, von unten bis oben beblättert, mehr oder weniger violett gefärbt, einfach oder ästig verzweigt und überwiegend locker abstehend behaart. Die Blätter sind kreuzgegenständig angeordnet und relativ lang gestielt. Die Blattspreite ist zugespitzt, eiherzförmig, blasig-runzelig und rundherum fein behaart, der Blattrand grobkerbig gezähnt. Der Kelch ist radiärsymmetrisch und besteht aus sternförmig ausgebreiteten Zähnen, die länger als die Röhre sind, durch weite Buchten getrennt sind und in pfriemliche Spitzen auslaufen. Die 20 bis 25 mm lange Krone ist schmutzig weiß bis schwach gelblichweiß. An ihrem Schlund befinden sich olivfarbene Flecken. Die Kronröhre ist aufwärts gebogen und innen über dem Grund mit einem schrägen Haarring versehen. Die Oberlippe ist etwa 7 mm lang, gewölbt, ganzrandig und dicht behaart. Die etwas längere Unterlippe besitzt einen breiten, gestielten, durch einen tiefen Einschnitt in 2 ausgerandete Zipfel geteilten Mittellappen und Seitenlappen, die einen pfriemlichen Fortsatz tragen. Die dunkelbraunen Staubbeutel liegen unter der Oberlippe, der Fruchtknoten ist oberständig und weist die für die Familie typische Vierteilung auf.

Verbreitung: Die Heimat der Pflanze befindet sich im gesamten Europa und Asien mit gemäßigtem oder subtropischen Klima. Darüber hinaus in gemäßigten Klimazonen andere Kontinente vielfach eingebürgert. In Deutschland sehr häufig anzutreffen, bevorzugt an frischen Ruderalstellen wie Wegränder, Mauern und Lagerstellen von Vieh, ferner in Hecken sowie an Waldrändern und Gräben.von Spanien bis Japan.

Droge: Die schonend getrockneten, ganzen oder geschnittenen Blütenkronen mit Staubblättern von Lamium album L.

Beschreibung der Droge: Die Blütenkrone ist zweilippig, gelblich weiß und 10 bis 15 mm lang. Die Kronröhre ist S-förmig gekrümmt und über dem Grund nach vorn zu einem Höcker aufgetrieben. Die Oberlippe ist stark gewölbt und behaart. Die Unterlippe gliedert sich in einen verkehrt herzförmigen, gezähnten, an den Seiten herab geschlagenen Mittellappen und 2 lange, spitze Seitenlappen. Die vier Staubblätter sind unten mit den Kronblättern verwachsen, recht groß, bräunlich und behaart. Die beiden oberen Staubblätter sind kürzer als die unteren. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch Teile der gekrümmten Blütenkrone, durch die helmförmige Oberlippe und die stark gefaltete Unterlippe. Weiterhin sind lange Staubblätter mit bräunlichen, behaarten Staubbeuteln anzutreffen.

Geruch und Geschmack: Ein Geruch ist nur schwach wahrnehmbar, der Geschmack schwach bitter.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Bienensaugblüten, Heubeln, Taubnesselblüten, Weiße Bienensaugblüten, Weiße Nesselblumen, Weiße Taubnesselblüten. Englisch: White deadnettle flowers. Lateinisch: Flores Lamii albi, Flores Urticae mortuae.

Herkunft: Importiert aus osteuropäischen Ländern.

Gewinnung der Droge: Gesammelt werden die voll entwickelten Blüten ohne den Kelch, die nachfolgend im Schatten getrocknet werden.

Inhaltsstoffe: Als wichtigste Inhaltsstoffgruppe gelten die Iridoidglykoside. Gehaltsangaben fehlen. Hauptkomponenten sind Lamalbid und 6-Desoxylamalbid (= Caryoptosid), Nebenkomponenten Albosid A und Albosid B. Flavonoide: Gehalt ca. 0,4 %. Überwiegend Glykoside von Quercetin und Kämpferol. Phenylpropanderivate: Freie Säuren (Chlorogensäure) als auch Glykoside (Lamalbosid, Acteosid). Weitere Bestandteile: Ca. 5 % Gerbstoffe und Schleimstoffe. In der Literatur wird ferner häufig die Anwesenheit von Saponinen beschrieben. Diese konnten jedoch in eingehenden eigenen Untersuchungen des Autors nicht gefunden werden.

Wirkungen: Der Droge wird eine adstringierende, antiphlogistische, sekretionshemmende, gewebeverdichtende, kapillarpermeabilitätshemmende, juckreizstillende und mild oberflächenanästhesierende Wirkung zugesprochen. Es liegen jedoch keine Ergebnisse pharmakologischer Untersuchungen vor, welche eine der postulierten Wirkungen bestätigen. Infolge des Gehalts an Gerbstoffen und Iridoidglykosiden erscheint zumindest die adstringierende und antiphlogistische Wirkung plausibel.

Anwendungsgebiete: Zur lokalen Behandlung leichter Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut sowie von unspezifischem Fluor albus sowie äußerlich bei leichten, oberflächlichen Entzündungen der Haut.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Katarrhe der oberen Luftwege. Trotz des Fehlens von Saponinen in der Droge ist infolge der einhüllenden Wirkung der Schleimstoffe sowie der antimikrobiellen Wirkung der Iridoide durchaus ein nützlicher Effekt bei diesem Krankheitsbild zu erwarten. Gelegentlich auch bei Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, bei Störungen während der Wechseljahre und äußerlich bei Krampfadern und Gichtknoten. Eine Wirksamkeit bei diesen Anwendungsgebieten konnte bisher nicht bewiesen werden.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Die empfohlene Tagesdosis beträgt soweit nicht anders verordnet bei Einname 3 g Droge. Zur Bereitung eines Tees bei Katarrhen der oberen Luftwege 1 g fein geschnittener Droge (etwa 2 Teelöffel) mit kochendem Wasser übergießen und nach 5 Minuten durch ein Teesieb geben. Mehrmals täglich eine möglichst mit Honig gesüßte Tasse trinken. Bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum Tee in gleicher Weise herstellen und mehrmals täglich spülen oder gurgeln. Bei Scheidenweißfluss als Spülung oder Sitzbad. Zu diesem Zweck 5 g Droge mit 500 ml heißem Wasser übergießen und nach 10 Minuten durch ein Teesieb geben. Als Spülung die lauwarme Lösung mehrmals täglich anwenden, als Sitzbad den Auszug in eine Wanne geben und mit warmem Wasser ergänzen. Ebenfalls mehrmals täglich anwenden. Zur äußerlichen Anwendung bei Hauterkrankungen als Umschlag oder Spüllösung. Herstellung wie soeben beschrieben, Anwendung mehrmals täglich.


Bilder:

Die Weiße Taubnessel ist oft in Hecken und Gebüschen anzutreffen. Auffallend ist, dass meist eine recht große Fläche von den Pflanzen besiedelt wird (s. Abbildung links oben). Dies ist darauf zurückzuführen, dass sie ein kriechendes, verzweigtes Rhizom ausbildet. Die zygomorphen Blüten sind stets zu mehreren in den familientypischen Scheinquirlen angeordnet (s. Abbildung links unten). Auffallende Merkmale der Blüte sind neben der nahezu weißen Farbe die langen Kelchzähne sowie die Behaarung von Kron- und Kelchblättern. Ebenfalls erkennbar in der Abbildung unten ist der vierteilige Fruchtknoten, der aus zwei Fruchtblättern gebildet wird, die entlang einer echten und einer falschen Scheidewand geteilt sind und zur Fruchtreife in vier einsamige Teilfrüchte (Klausen) zerfallen.

 


Literatur: Deutscher Arzneimittelcodex (DAC) 2001; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 76 vom 23.04.1987; Schöpke T, Zum Vorkommen von Saponinen in Weißen Taubnesselblüten, unveröffentlicht; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke