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Gundelrebenkraut - Glechomae herba [DAC 2004] | ||||
Stammpflanze: Glechoma hederacea L. / Gewöhnlicher Gundermann [Fam. Lamiaceae / Lippenblütengewächse]. Synonyme: Calamintha hederacea SCOP., Chamaeclema hederacea MOENCH, Nepeta glechoma BENTH., Nepeta hederacea (L.) TREV. Dt. Synonyme: Gewöhnliche Gundelrebe sowie zahlreiche von Gundermann bzw. Gundelrebe abgeleitete Bezeichnungen wie z. B. Grindrebe, Grundmann, Grundrebe, Gundelkraut, Gunderer, Gundram, Guter Mann, Kollermann, Rebgundel und Wunderrebe. Zu den zahlreichen weiteren volkstümlichen, meist regionalen und heute kaum noch gebrauchten Namen zählen Brombeerentee, Donnerrebe, Fleischkraut, Gewitterblume, Heckenkieker, Heilreif, Kuckucksblume, Magentrost, Marandel, Ölmekraut, Pisskräutchen, Seichkriut, Soldatenpetersilie, Stinkiger Abbatz, Suppenkraut, Suppenwurze, Taubenschnäbel, Todtenkraut und Zaunraute. Interessanterweise ist die Übersetzung der englischen Bezeichnung "ground ivy" = Erdefeu im traditionellen deutschen Sprachgebrauch nicht zu finden. Englisch: gill-over-the-ground, ground ivy. |
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Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Von April bis Juli blühende, 10 bis 40 cm hohe, mehrjährige Pflanze mit kriechender, an den unteren Knoten wurzelnder, auch im Winter belaubter Hauptachse. Die Sprosse sind vierkantig, meist zerstreut kurzhaarig, seltener ganz kahl oder dicht zottig behaart und oft blauviolett überlaufen. Laubblätter kreuzgegenständig angeordnet, Blattstiele an den aufrechten Sprossen 0,5 bis 2 cm und an den kriechenden Sprossen 3 bis 9 cm lang, Blattspreite rundlich-nierenförmig, 1,5 bis 3 cm lang und ebenso breit, Blattrand grob gekerbt. Blüten in mehreren, eine lockere Ähre bildenden, zwei- bis fünfblütigen Scheinquirlen in den Achseln der Laubblätter. Die Einzelblüten sind 1 bis 2 cm lang, deutlich gestielt mit kurzen, 1 bis 1,5 mm langen Vorblättern. Der Kelch ist zweilippig, röhrenförmig und fünfzähnig und 5 bis 6,5 mm lang. Die blassviolette, seltener rotviolette oder weiße Blütenkrone ist ebenfalls zweilippig und 15 bis 22 mm lang, die Unterlippe ist dreilippig, die Oberlippe vorn schwach ausgerandet. Staubblätter stark zurückgebildet, Teilfrüchte ca. 2 mm groß. |
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Verbreitung: Heimisch in ganz Europa und von hier über die Türkei, den Kaukasus, weite Teile Sibiriens bis zur chinesischen Provinz Xinjiang. Eingebürgert in Nord-Amerika. In Mitteleuropa bevorzugt anzutreffen auf relativ nährstoffreichen und mäßig feuchten Böden in Wiesen und Weiden, Laubmischwäldern, Auengebüschen und ihren Rändern, an Wegrändern, Zäunen und unter Gebüschen. |
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Droge: Die zur Blütezeit gesammelten, getrockneten, ganzen oder geschnittenen oberirdischen Teile von Glechoma hederacea L. |
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Beschreibung der Droge: Die Stengel sind vierkantig, bis 2 mm dick und ebenso wie die Blattstiele häufig blauviolett gefärbt. Die Laubblätter sind kreuzgegenständig angeordnet. Die Blattstiele sind an aufrechten Sprossen 0,5 bis 2 cm lang, an den kriechenden Sprossen 3 bis 9 cm. Die bei Betrachtung mit der Lupe drüsig punktiert erscheinenden Blätter sind nierenförmig bis breit-herzförmig, 1,5 bis 3 cm lang und ebenso breit, grob gekerbt, auf der Oberseite dunkelgrün, auf der Unterseite heller mit hervortretenden Leitbündeln. Stengel und Blätter haben kurze, meist verstreut auftretende Haare. Die deutlich gestielten, 1 bis 2 cm langen Blüten besitzen kurze Vorblätter. Sie stehen in zwei bis fünf-(sechs)blütigen Scheinquirlen in den Achseln der Laubblätter. Der Kelch ist röhrenförmig und fünfzähnig, die etwa 3-mal längere Blumenkrone zweilippig und blauviolett, seltener rotviolett oder weiß. Die Früchte sind als Nüsschen entwickelt. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch oberseits dunkelgrüne, unterseits hellgrüne Blattstücke mit grob gekerbtem Rand sowie durch dünne Stielteile und vierkantige, häufig blauviolette Stengelteile. Blüten oder Teile der Blüten sind nur selten anzutreffen. |
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Geruch und Geschmack: Geruch schwach würzig, Geschmack bitter und zusammenziehend. |
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Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Erdefeukraut, Gundermannkraut. Englisch: Gill herb, Ground Ivy herb. Lateinisch: Herba Hederae terrestris. |
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Herkunft: Ausschließlich aus der Sammlung aus Wildbeständen. Hauptlieferländer sind die Staaten Südosteuropas (Bulgarien, Rumänien, ehemaliges Jugoslawien) und die Türkei. |
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Gewinnung der Droge: Die Trocknung erfolgt an der Luft im Schatten, um Verluste an ätherischem Öl zu vermeiden. |
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Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl: Gehalt bis 0,06 %. Hauptkomponenten sind die Monoterpene (–)-Pinocamphon, (-)-Menthon und (+)-Pulegon, Nebenkomponenten α-Pinen, ß-Pinen, Limonen, p-Cymen, Isomenthon, Isopinocamphon, Linalool, Menthol und α-Terpineol. Sesquiterpene: Glechomafuran, Glechomanolid. Triterpene: Ursolsäure, Uvaol, 2ß-Hydroxyursolsäure und Oleanolsäure. Phenolcarbonsäuren: Rosmarinsäure, Kaffeesäure, Ferulasäure und Sinapinsäure. Flavonoide: Glykoside des Apigenins, Luteolins, Quercetins und Quercetagetin, darunter Cymarosid, Cosmosyin (= Apigenin-7-glucosid), Luteolin-7-diglucosid, Hyperosid, Isoquercitrin, ferner auch die freien Aglykone. Alkaloide: Hederacin A und B. Lektine: Besonders in den älteren Blättern wurde ein Gleheda genanntes, Spezifität gegenüber N-Acetylgalactosamin aufweisendes Lektin gefunden, welches dort etwa ein Drittel des gesamten Proteinanteils ausmacht und strukturell den Lektinen von Pflanzen der Familie Fabaceae ähnlich ist. Strukturell handelt es sich dabei um ein tetramerers Protein, welches aus vier paarweise über Disulfidbrücken verbundenen Ketten besteht. Zucker: Gesamtanteil etwa 14 %. Nachgewiesen wurden hauptsächlich Glucose, Fructose und Saccharose. Fette: Gesamtanteil ca. 4 %, zu ca. 45 % aus Linolensäure bestehend. Weitere Komponenten sind (10E, 12Z) -9-Hydroxy-10, 12- octadecadiensäure (9-HODE), (9S, 10E, 12Z, 15Z) -9-Hydroxy-10, 12, 15-octadecatriensäure, (10E, 12Z, 15Z) -9-Oxo-10, 12, 15- octadecatriensäure, (9S, 10E, 12Z) -9- Hydroxy-10, 12- octadecadiensäure, (10E, 12Z) -9-Oxo-10, 12-octadecadiensäure und Palmitinsäure. Sonstige Bestandteile: ß-Sitosterol, zahlreiche freie Aminosäuren. |
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Wirkungen: Der Droge wird eine antiphlogistische Wirkung zugesprochen. Experimentelle Nachweise für die Wirksamkeit der Droge oder daraus hergestellter Extrakte fehlen. Einzelne Inhaltsstoffe wurden in verschiedenen pharmakologischen Testsystemen untersucht. Das Lektin Gleheda zeigte insektizide Eigenschaften gegen den Colorado Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata), erwies sich aber nicht als zytotoxisch. 9-HODE erhöhte die Aktivität des Enzyms Adenylatcyclase in menschlichen Blutplättchen durch Angriff an den Rezeptoren der Prostaglandine PGE1 and PGD2. Ursolsäure und Oleanolsäure bewirkten bei Mäusen eine Hemmung der durch Applikation von 12-O-Tetradecanoylphorbol-13-acetat induzierten Entstehung von Hauttumoren. Ebenfalls an Mäusen wurde eine Hemmung der Entstehung von Magengeschwüren durch Uvaol und 2ß-Hydroxyursolsäure nachgewiesen. |
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Anwendungsgebiete: Die Droge wird ausschließlich in der Volksheilkunde verwendet. Wichtigstes Indikationsgebiet sind Entzündungen der Schleimhaut von Magen- und Darm. Weiterhin wird die Droge bei leichten Erkrankungen der oberen Bronchien und zur symptomatischen Behandlung von Husten und als Diuretikum bei Blasen- und Nierensteinen eingesetzt. In der chinesischen Medizin nutzt man Gundelrebenkraut bei ungleichmäßiger Menstruation, in Italien die Blätter bei Arthritis und Rheuma. Äußerlich verwendet man die Droge zum Waschen schlecht heilender Wunden und Geschwüre und bei weiteren Hautkrankheiten. Wirksamkeitsbelege existieren für keines der genannten Anwendungsgebiete. |
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Unerwünschte Wirkungen: Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine bekannt. |
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Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt. |
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Dosierung und Art der Anwendung: Die gebräuchliche Einzeldosis beträgt bei innerlicher Verwendung 2 bis 4 g der getrockneten Droge oder 2 bis 4 ml des daraus hergestellten Fluidextrakts (1:1). Bei Rheuma und Arthritis werden die gerebelten Blätter auf die betroffenen Körperstellen aufgelegt. Zum Waschen schlecht heilender Wunden und von Geschwüren verwendet man den aus der frischen Pflanze gewonnenen Presssaft oder einen aus der getrockneten Droge hergestellten Aufguss. |
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Sonstige Verwendung: Im Haushalt verwendet man gelegentlich das im Frühling gesammelte Kraut zur Zubereitung von Suppen oder in mit Spinat vergleichbarer Weise. Homöopathische Zubereitungen aus der Droge werden bei Hämorrhoiden und Durchfall verwendet. |
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Bilder: | ||||
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Literatur: Deutscher Arzneimittelcodex (DAC) 2004; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Henry DY, Gueritte-Voegelein F, Insel PA, Ferry N, Bouguet J, Potier P, Sevenet T, Hanoune J, Isolation and characterization of 9-hydroxy-10-trans,12-cis-octadecadienoic acid, a novel regulator of platelet adenylate cyclase from Glechoma hederacea L. Labiatae, Eur. Journal of Biochemistry 172 (1988): 784 (Erratum) und European journal of biochemistry / FEBS 170 (1987): 389-394, ref. C.A. AN 88082844; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Jo D, Lee J, Noh J, Kim OK, Kwon JH, Chemical composition and electron donating and nitrite scavenging activities of Glechoma hederacea var. longituba, Journal of Food Science and Nutrition 6 (2001): 142-146, ref. C.A. AN 2001:818164; Kuhn H, Wiesner R, Alder L, Schewe T, Occurrence of free and esterified lipoxygenase products in leaves of Glechoma hederacea L. and other Labiatae, European journal of biochemistry / FEBS 186 (1989): 155-162, ref. C.A. AN 1990:115767; Kumarasamy Y, Cox PJ, Jaspars M, Nahar L, Sarker SD, Isolation, structure elucidation and biological activity of hederacine A and B, two unique alkaloids from Glechoma hederaceae, Tetrahedron 59 (2003): 6403-6407, ref. C.A. AN 2003:598473; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Milovanovic M, Stefanovic M, Dermanovic V, Flavonoids from Glechoma hederacea L., Journal of the Serbian Chemical Society 60 (1995): 467-469, ref. C.A. AN 1995:639450; Okuyama E, Yamazaki M, Ishii Y, Isolation and identification of ursolic acid-related compounds as the principles of Glechoma hederacea having an antiulcerogenic activity. Shoyakugaku Zasshi 37 (1983): 52-55, ref. C.A. AN 1983:545988; Takemoto T, Kusano G, Hikino H, Constituents of ground ivy, Yakugaku Zasshi 86 (1966): 1162-1165, ref. C.A. AN 1967:62657; Tokuda H, Ohigashi H, Koshimizu K, Ito Y, Inhibitory effects of ursolic and oleanolic acid on skin tumor promotion by 12-O-tetradecanoylphorbol 13-acetate. Cancer Letters (Shannon, Ireland) 33 (1986): 279-285, ref. C.A. AN 1987:131366; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wang WF, Hause B, Peumans WJ, Smagghe G, Mackie A, Fraser R, Van Damme EJM, The Tn antigen-specific lectin from ground ivy is an insecticidal protein with an unusual physiology. Plant Physiology 132 (2003): 1322-1334, ref. C.A. AN 2003:555270; Wang WF, Peumans WJ, Rouge P, Rossi C, Proost P, Chen JP, Van Damme EJM, Leaves of the lamiaceae species Glechoma hederacea (ground ivy) contain a lectin that is structurally and evolutionary related to the legume lectins, Plant Journal 33: (2003): 293-304, ref. C.A. AN 2003:171794; Zieba J, Isolation and identification of nonheteroside triterpenoids from Glechoma hederacea. Polish Journal of Pharmacology and Pharmacy 25 (1973): 587-592, ref. C.A. AN 1974:80081. |
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