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Benediktenkraut - Cnici benedicti herba [DAC 2003]

Stammpflanzen: Cnicus benedictus L. /Benediktenkraut [Fam. Asteraceae / Korbblütengewächse]. Synonyme: Calcitrapa benedicta LAM., Carbenia benedicta BENTH. et HOOK., Carduus benedictus BRUNSF., Centaurea benedicta L. Dt. Synonyme: Banditenkraut, Benediktendistel, Benediktenwurz, Benediktinerdistel, Bernhardinerkraut, Bitterdistel, Cardobenedikt, Gesegnete Distel, Heildistel, Kardobenedikte, Kreuzdistel. Englisch: Blessed thistle, carduus plant, cursed thistle, lovely thistle, spotted thistle, thistle root.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Einjährige, von Juni bis August blühende, 30 bis 50 cm hohe, stark verästelte, distelartige Pflanze. Stengel aufrecht, fünfkantig, gestreift, unten borstig, im oberen Teil drüsig behaart. Laubblätter dornig gezähnt, bis 30 cm lang, fiederteilig bis fiederlappig, zottig behaart und klebrig. Untere Blätter gestielt, mittlere und obere stengelumfassend. Köpfe 2 bis 3 cm breit, einzeln an den Enden der Äste, von den obersten Laubblättern umhüllt, nur mit Röhrenblüten. Äußere Hüllblätter kurz, in wenigen Reihen, mit kurzem Stachel, innere länger, mit langem, fiederteiligen, geknieten Dorn. Blüten gelb, mit doppeltem Pappus, der aus 10 langen und 10 kurzen Borsten besteht. Früchte gelbbraun, mit ca. 20 Rippen und einem an der Spitze gezähnten Rand.

Verbreitung: Heimisch in Europa auf der Iberischen Halbinsel, in Italien, Bulgarien, Griechenland, dem ehemaligen Jugoslawien, in Asien in der Türkei, Israel und Afghanistan sowie in Ägypten. Früher in Deutschland als Kulturpflanze angebaut und zum Teil verwildert, seit 1960 jedoch nicht mehr an natürlichen Standorten nachgewiesen.

Droge: Die zur Blütezeit gesammelten, getrockneten, ganze oder geschnittenen oberirdischen Teile von Cnicus benedictus L.

Beschreibung der Droge: Stengel bis 1 cm dick und 60 cm lang, teilweise hohl, grün, jedoch mit 5 bis 8 oft braunviolett angelaufenen Rippen, im unteren Teil borstig und im oberen Teil drüsig behaart. Laubblätter bis 30 cm lang, länglich lanzettlich, schrotsägezähnig oder fiederspaltig mit rechtwinklig abstehenden, dornig berandeten Abschnitten, hellgrün zottig behaart und klebrig. Untere Laubblätter gestielt, mittlere und obere stengelumfassend. Die Blattunterseite ist durch die deutlich hervortretende, hellgelbe, grob netzartige Nervatur gekennzeichnet. Blütenköpfe 2 bis 4 cm lang und 2 cm breit, einzeln am Ende der Sprosse stehend, nur aus Röhrenblüten bestehend. Hüllkelch doppelt, äußerer aus kurzen, einfach gestachelten Hüllblättern bestehend, innerer aus Hüllblättern, die in einen langen, fiederförmig zusammengesetzten, kurz unter der Spitze knieartig gebogenen Dorn auslaufen. Innere und äußere Hüllblätter außen mattgelb und innen weißseidig glänzend. Blütenboden besetzt mit weißen, seidig glänzenden Spreublättern. Die 4 bis 6 Randblüten sind unfruchtbar, mit dreispaltigem Saum und ohne Pappus. Röhrenblüten zahlreich, gelb, mit 5spaltigem Saum. Früchte gelbbraun, mit 20 Längsrippen, mit gezähntem Rand an der Spitze und zweireihigem Pappus, dessen innere Borsten höchstens halb so lang sind wie die äußeren.
In der Schnittdroge dominieren die Bruchstücke der Laub- und Hüllkelchblätter, die durch die spinnwebartige, klebrige Behaarung meist klumpig zusammenhängen, sowie die derben Stengelstücke. Für die sichere Identifizierung am aufschlussreichsten sind die typisch gefärbten Hüllkelchblattstücken, die in Büscheln auftretenden, meist silbrig glänzenden Spreuhaare des Blütenbodens und die meist nur in geringer Zahl zu findenden gelben, langen Röhrenblüten. Gleichfalls nur selten zu finden sind Früchte.

Geruch und Geschmack: Geruch nur schwach vorhanden, Geschmack stark und anhaltend bitter.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Benediktinerkraut, Bitterdistelkraut, Carbenustee, Distelkraut, Kardobenediktenkraut, Spinnendistelkraut. Englisch: Blessed thistle, holy thistle. Lateinisch: Cardui benedicti herba, Herba Cardui benedicti, Herba Cnici benedicti.

Herkunft: Importe aus Ost- und Südosteuropa, Italien und Spanien. Hauptlieferländer sind Bulgarien, Rumänien, Italien und Spanien.

Gewinnung der Droge: Überwiegend durch Wildsammlung. Die Sammlung erfolgt kurz vor Beginn der Blüte Anfang Juli, die Trocknung an der Luft oder unter künstlicher Wärmezufuhr bei 50 °C.

Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl: Gehalt ca. 0,03%, Hauptbestandteile sind die gesättigten Kohlenwasserstoffe n-Nonan, n-Undecan und n-Tridecan, das Polyin Dodeca-1,11-dien,3,5,7,9-tetrain, die Monoterpene Citronellol, Cuminal und p-Cymen sowie Benzaldehyd, Nebenkomponenten u. a. Citral, Citronellal und Zimtaldehyd. Bitterstoffe: Gehalt durchschnittlich 0,2 bis 0,7 %, selten auch bis 2,5 %, Hauptbitterstoff ist Cnicin, weitere Bitterstoffe sind die Sesquiterpenlactone Artemisiifolin und Salonitenolid. Lignanlactone (ebenfalls durch einen bitteren Geschmack gekennzeichnet): Gehalt im Durchschnitt 0,2 %, maximal bis 0,6 %, wichtigste Vertreter sind Arctigenin, Trachelogenin, Nortrachelosid und 2-Acetylnortrachelosid. Weitere Bestandteile: zahlreiche pentazyklische Triterpene, Phytosterole und deren Glucoside sowie die Flavonoide Apigenin-7-glucosid, Luteolin, Luteolindiglucosid und Astragalin. Ferner ist die Droge durch einen sehr hohen Gehalt an Mineralstoffen gekennzeichnet (besonders Kalium- und Magnesiumsalze), der 10 bis 18% betragen kann.

Wirkungen: Förderung der Speichel- und Magensaftsekretion. In pharmakologischen Untersuchungen wurden eine Reihe weiterer Wirkungen nachgewiesen. Bei diesen handelt es sich im einzelnen um die ödemhemmende Wirkung von Cnicin, eine antimikrobielle Wirkung von ätherischem Öl, Cnicin und Polyacetylenen, eine Anti-Tumor-Wirkung eines aus Frischpflanzen gewonnenen und gereinigten Extrakts sowie um cytotoxische Effekte von Cnicin. Für die Anwendung der Droge sind die letztgenannten Effekte jedoch ohne Relevanz.

Anwendungsgebiete: Appetitlosigkeit, dyspeptische Beschwerden.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Innerlich als Bittermittel auch bei Leber- und Gallenleiden, als harntreibendes Mittel sowie bei fieberhaften Erkrankungen und Herzfunktionsstörungen verwendet, äußerlich als lokales Wundmittel bei Geschwüren und Frostbeulen. Nachweise für die Wirksamkeit bei den genannten Anwendungen existieren nicht. Infolge der Inhaltsstoffe der Droge und der für diese nachgewiesenen Wirkungen (s. oben) erscheint jedoch eine Wirksamkeit bei der Verwendung als harntreibendes Mittel (hoher Gehalt an Mineralstoffen) und als lokales Wundmittel (entzündungshemmende Wirkung von Cnicin, antibakterielle Wirkung von Cnicin und anderen Komponenten) durchaus plausibel.

Gegenanzeigen: Allergie gegenüber Benediktenkraut und anderen Korbblütlern.

Unerwünschte Wirkungen: Allergische Reaktionen sind nicht auszuschließen. Hierbei handelt es sich um seltene Fälle einer allergischen Kontaktdermatitis, welche durch die Sesquiterpenlactone mit a-Methylen-g-lacton-Gruppierung verursacht wird. Bedeutungsvoll ist, dass Kreuzreaktionen auf zahlreiche anderer Korbblütler auftreten können (u. a. Arten der Gattungen Artemisia und Centaurea).

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Die mittlere Tagesdosis zur Behandlung von Appetitlosigkeit und dyspeptischen Beschwerden beträgt soweit nicht anders verordnet 4 bis 6 g Droge. Zur Teebereitung 2 Teelöffel Benediktenkraut mit 1 Tasse kochendem Wasser übergießen und nach 30 Minuten durch ein Teesieb geben. Bis zu 3 Tassen täglich etwa 30 Minuten vor den Mahlzeiten trinken.

Sonstige Verwendung: In der Homöopathie insbesondere zur Behandlung chronischer Lebererkrankungen. In der Lebensmittelindustrie als Bittermittel für die Herstellung von Kräuterlikören und Gewürzextrakten. Die Früchte enthalten fettes Öl, welches zur Herstellung von Seifen und Firnis verwendet werden kann.


Bilder:

Die Blätter des bis 50 cm hoch werdenden Benediktenkrauts sind am Rand dornig gezähnt, was der Pflanze ein distelartiges Erscheinungsbild verleiht (Abbildung links). Auffälligstes Merkmal sind zweifelsohne die einzeln am Ende der Äste stehenden, gelben Blütenkörbchen mit den braunen, gefiederten, mit kräftigen Dornen besetzten inneren Hüllblätter (Abbildung unten). Nur beim genauen Betrachten wird deutlich, dass der Pappus zweireihig ist, da er neben den 10 langen Haaren noch 10 weitere, kurze Borsten aufweist (Abbildung rechts).


Literatur: Deutscher Arzneimittelcodex (DAC) 2003; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Hänsel R, Sticher O, Steinegger E, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1999; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 193 vom 15.10.87; Schilcher H, Kammerer S, Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer, München Jena 2003; Teuscher E, Melzig MF, Lindequist U, Biogene Arzneimittel, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2004; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke