Stammpflanze: Chelidonium majus L.
/ Schöllkraut [Fam. Papaveraceae / Mohngewächse].
Synonyme: Chelidonium grandiflorum DC.,
Chelidonum haematodes MOENCH., Chelidonum
japonicum THUNB., Chelidonum lactum MILL.,
Chelidonum luteum GILIB., Chelidonum murale
REN., Chelidonum ruderale SALISB.,
Chelidonum umbellatum STOCK. Dt. Synonyme:
Blutkraut, Gelbes Millkraut, Goldwurz, Schindkraut, Schwalbenwurz,
Schwinnwart, Tüfelsmilch, Wulstkraut. Englisch: Greater
Celandine, seltener Devil's Milk, Rock Poppy, Tetterwort, Wallow-wort.
Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Bis 1 m hoch werdende, ausdauernde Ruderalpflanze mit gelb
gefärbtem Milchsaft, der
in gegliederten Milchröhren
vorliegt. Stengel aufrecht, stielrund und zerstreut abstehend behaart,
Laubblätter gefiedert. Kelchblätter 2, sofort nach dem Aufblühen abfallend,
4 gelbe Kronblätter und zahlreiche Staubblätter. Der oberständige, längliche
Fruchtknoten lässt bereits erkennen, dass sich aus ihm eine Schotenfrucht
entwickeln wird.
Verbreitung: Europa sowie Mittel- und Nordasien
Droge: Die während der Blütezeit
geernteten, getrockneten, ganzen oder geschnittenen oberirdischen Teile von
Chelidonium majus L., die bezogen auf die getrocknete Droge
einen Mindestgehalt an Alkaloiden von 0,6 Prozent aufweisen (berechnet als
Chelidonin).
Beschreibung der Droge: Die Stengel sind
gelblich bis grünlichbraun gefärbt, etwa 3 bis 7 mm dick, hohl und behaart.
Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind tief fiederspaltig bis
unpaarig gefiedert. Die Blattspreiten sind sehr dünn und meist gefaltet. Die
Oberseite ist matt blaugrün, die Unterseite hell graugrün mit dunkler
Netznervatur. Die Blüten sind in lockeren, wenigblütigen Trugdolden
angeordnet. Die 2 Kelchblätter sind meist abgefallen, so dass die Blüten nur
aus den 4 gelben, etwa 8 bis 10 mm langen und breit eiförmigen Kronblättern,
zahlreichen Staubblättern und dem länglichen, oberständigen Fruchtknoten
bestehen. Selten finden sich in der Droge auch die langen, dunklen, zwischen
den Samen leicht eingeschnürten Schoten. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet
durch Laubblattstücke, hohle, meist zusammengedrückte Stengelstücke, Teile
der meist zusammengefalteten, gelbbraunen Blüten, Teile der Früchte und
einzelne Samen.
Geruch und Geschmack:
Eigentümlich widerlicher Geruch und brennend scharfer und bitterer
Geschmack.
Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch:
Schwalbenkraut.
Englisch: Great Celandine, Greater Celandine, Herbs of Celandine
Poppy, Prickled Poppy Herb, Tetterwort.
Lateinisch: Herba Chelidonii, Herba Chelidonii majoris.
Herkunft: Wildvorkommen osteuropäischer Länder oder aus dem
Anbau in Polen.
Inhaltsstoffe:
Alkaloide: Gehalt je nach Herkunft und Trocknungsbedingungen
0,01-1,0%. Gemisch aus ca. 30 verschiedenen Verbindungen vom Benzophenanthridin-Typ, insb.
Coptisin,
Chelidonin,
Berberin und
Chelerythrin.
Weitere Bestandteile: Vor allem
verschiedene Pflanzensäuren, darunter insbesondere
Chelidonsäure, Citronensäure,
Äpfelsäure und
Bernsteinsäure.
Wirkungen:
Spasmolytisch
am oberen Verdauungstrakt und
cholagog.
Die spasmolytische Wirkung gilt seit längerer Zeit als die ausreichend
gesicherte pharmakologische Hauptwirkung. Sie wurde bereits in älteren
Quellen nachgewiesen sowie ferner durch eine Reihe neuerer Arbeiten
abgesichert, bei denen sowohl der spasmolytische Effekt von
Schöllkrautextrakten als auch einzelnen Komponenten nachgewiesen wurde. Der
sicherere Nachweis der cholagogen Wirksamkeit von Schöllkraut gelang erst in
den zu-rückliegenden Jahren. Weiterhin wurden antimikrobielle, antivirale
und antitumorale Effekte sowie eine Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System
und das Zentralnervensystem nachgewiesen, die jedoch ohne klinische Relevanz
sind.
Anwendungsgebiete: Krampfartige Beschwerden im Bereich der
Gallenwege und des Magen-Darm-Traktes. Die Wirksamkeit von Schöllkraut bei
der Behandlung von krampfartigen Beschwerden im Bereich der Gallenwege und
des Magen-Darmtraktes infolge funktioneller Störungen des ableitenden
Gallensystems konnte in mehreren plazebo-kontrollierten und
nicht-kontrollierten Studien gesichert werden. In der Volksheilkunde auch bei
Gallenblasenentzündungen und Gallensteinleiden sowie zur Behandlung von Warzen
(antimitotische Wirksamkeit von Chelidonin und proteolytisch wirkender Enzyme).
Gegenanzeigen: Spezifische
Kontraindikationen bestehen nicht. Wie sämtliche Choleretika darf
Schöllkraut nicht bei schweren Leberfunktionsstörungen, Gelbsucht,
Gallensteinerkrankungen, Verschluss der Gallenwege, Gallenblasenpyemen,
Vorhandensein eines frischen Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürs und Ileus angewendet werden. Zusätzlich sollte die Droge auch bei sonstigen
aktuellen oder in der Vorgeschichte bestehenden Lebererkrankungen sowie bei
gleichzeitiger Anwendung leberschädigender Stoffe nicht angewendet werden.
Unerwünschte Wirkungen: In seltenen
Fällen können Magen-Darm-Beschwerden auftreten. In Einzelfällen ist während
der Behandlung mit Schöllkrautextrakten ein Anstieg von Leberenzymaktivitäten und der Bilirubinkonzentration bis hin zu einer
reversiblen medikamentös-toxischen Hepatitis beobachtet worden. Nach
Absetzen des Arzneimittels normalisieren sich die Werte und eventuell
bereits aufgetretene Symptome bilden sich wieder zurück. Ungeachtet dessen
sollten bei einer 4 Wochen überschreitenden Anwendung die
Leberfunktionswerte (Transaminasen) kontrolliert werden.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln:
Keine bekannt.
Dosierung und Art der Anwendung: In Form verschiedener
Zubereitungen einer mittleren Tagesdosis von 2-4 g Droge bzw. 12-30 mg
Gesamtalkaloide entsprechend. Zur Teebereitung 1,5 Esslöffel getrocknetes Kraut
mit 1 l kochendem Wasser
übergießen und 10 min ziehen lassen. Als
Infus 15 g getrocknetes
Kraut auf 1 l Wasser und 10 min ziehen lassen. |
Literatur: Boegge SC, Kesper S, Verspohl EJ, Nahrstedt A,
Reduction of ach-induced contraction of rat isolated ileum by coptisine, (+)-caffeoylmalic
Acid, Chelidonium majus, and Corydalis lutea extracts,
Planta Medica 62 (1996): 173-174; Europäisches Arzneibuch, 5. Ausgabe, Grundwerk
2005; Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis,
Band 4, Drogen A-D, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1993; Hiller K, Ghorbani M, Schilcher H,
Antispasmodic and relaxant activity of chelidonine, protopine, coptisine, and
Chelidonium majus extracts on isolated guinea-pig ileum,
Planta Medica 64 (1998): 758-760; Ko FN, Wu TS, Lu YC, Huang TF, Teng CM,
Ca2+-Channal blockade in rat thoracic aorta by protopine isolated from Corydalis
Tubers,
Jap. J. Pharmacol. 58 (1992): 1-9; Kustrak D, Petricic J, Kalodera Z, Holik L,
Seasonal changes in the alkaloid contents in celandine (Chelidonium majus L.),
Acta Pharm. Jugosl. 32 (1982): 225-230; Lin WC, Chang HL,
Relaxant effects of berberine on the rat fundus,
Res. Comm. Mol. Path. Pharm. 90 (1995): 333-346;
Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 90 vom 15.05.1985; Piacente S, Capasso A, De Tommasi N, Jativa N, Pizza C,
Sorrentino L,
Different effects of some isoquinoline alkaloids from Argemone mexicana on
electrically induced contractions of isolated guinea-pig ileum,
Phytotherapy Res. 11 (1997): 155-157; Vahlensieck U, Hahn R, Winterhoff H, Gumbinger HG,
Nahrstedt A, Kemper FH,
The effect of Chelidonium majus herb extract on choleresis in the isolated
perfused rat liver,
Planta Medica 1995; 61:267-270. |