Stammpflanze: Silybum marianum (L.) GAERTNER.
/ Mariendistel [Fam. Asteraceae / Korbblütengewächse].
Synonyme: Carduus marianus L., Carthamus maculatus LAM,
Cirsium maculatum SCOP, Silybum maculatum MOENCH.
Dt. Synonyme: Silberdistel. |
Botanische Beschreibung der Stammpflanze:
Ein- oder zweijährige, 60 bis 150 cm hoch werdende Pflanze mit
aufrechtem, verzweigtem, reichlich beblättertem Stengel. Ungestielte, glänzend
grüne, buchtig gelappte Blätter mit milchig überlaufenen Blattadern und dornigem Rand.
Blütenköpfe einzeln, 4 bis 5 cm lang, mit purpurnen Röhrenblüten und langen,
steif-aufrechten oder zurückgebogenen Hüllblättern mit dorniger Spitze. Früchte bis 7
mm lang, braungelb marmoriert bis schwarz, gekrönt von einem weißen Pappus. |
Verbreitung: Von den Kanarischen Inseln über das gesamte
Mittelmeergebiet bis Südrussland, Kaukasusländer, Kleinasien, Iran und Irak. Verwildert
im Norden bis nach England, Dänemark und Mittelrussland. Ferner eingebürgert in Amerika
und Südaustralien. |
Droge: Die reifen, vom Pappus
befreiten Früchte von Silybum marianum (L.) GAERTNER,
die einen Mindestgehalt an Silymarin von 1,5 Prozent aufweisen,
berechnet als Silibinin und bezogen auf die getrocknete Droge.. |
Beschreibung der Droge: Etwa 6 bis
8 mm lange, 3 mm
breite und 1,5 mm dicke, stark flach gedrückte, länglich-eiförmige
Achänen. Die glatte und glänzende Fruchtschale ist grau bis blassbraun und
mehr oder weniger intensiv dunkelbraun gestrichelt, so dass sie
insgesamt blassgrau bis braun erscheint.
An der Oberseite ist die Abbruchstelle des Pappus als vorspringender, knorpeliger,
glänzend-gelblicher Rand zu erkennen, an der Unterseite die Verbindungsstelle zum
Blütenboden als rinnenförmiger Nabel. Im Längsschnitt erkennt man
einen schmalen, braunen äußeren Bereich und 2 große, dichte, weiße,
ölige Keimblätter. |
Geruch und Geschmack: Nahezu geruchlos, Fruchtschale mit
bitterem Geschmack, der Samen ölig (schmeckend). |
Herkunft: Argentinien, China, Rumänien, Ungarn. |
Inhaltsstoffe: Mindestens 1,5 %, im Durchschnitt 1,5 bis
3 % der als Silymarin bezeichneten
Flavolignane, bei denen es sich um ein Gemisch aus den drei Hauptkomponenten Silibinin (Gemisch aus den
Diastereomeren Silybin A und
Silybin B), Isosilibinin
(Gemisch aus den Diastereomeren
Isosilybin A und
Isosilybin B), Silychristin und Silydianin sowie einer Vielzahl von
Nebenkomponenten. Als weitere Bestandteile zahlreiche Flavonoide, 20 bis 30 % fettes Öl, 25 bis 30 % Eiweiß und etwas
Schleim. |
Wirkungen: Es ist zu unterscheiden zwischen der Droge und
silymarinhaltigen Zubereitungen. Die Wirksamkeit des Flavolignangemischs Silymarin lässt
sich zusammenfassend als Leberschutzwirkung
beschreiben. Im einzelnen besteht eine antagonistische Wirkung gegenüber einer Reihe von
Modellsubstanzen, die eine Leberschädigung bewirken. Bei diesen handelt es sich um die
Gifte des Grünen Knollenblätterpilzes Phalloidin und a-Amantadin,
Lanthanide, Tetrachlorkohlenstoff, Galactosamin, Thioacetamid und den Kaltblütervirus FV3. |
Wirkungsmechanismus: Vermutlich sind verschiedene
Mechanismen für die leberschützende Wirkung verantwortlich. An erster Stelle werden
Membraneffekte genannt, d. h. es kommt zu einer
Veränderung der äußeren Struktur der Hepatozyten mit dem Ergebnis, dass die Lebergifte
nicht in das Innere der Zellen dringen können. Zum anderen bewirkt Silymarin eine
Stimulierung der Biosynthese von Nuksleinsäuren und
Proteinen in den Hepatozyten, was auf einer Steigerung der Aktivität der
Polymerase I (rRNA-Polymerase). Neben diesen Effekten sind wahrscheinlich noch eine Reihe
weiterer Effekte für die Wirkung verantwortlich, unter denen die antiperoxidativen
Effekte am bedeutunsvollsten erscheinen. Aktivität der Zur Behandlung von hirnorganisch
bedingten Leistungsstörungen bei dementiellen Syndromen mit Schwindel, Ohrensausen,
Kopfschmerzen, Gedächtnisschwäche, Konzentrationsstörungen, Stimmungslabilität mit
Ängstlichkeit als wichtigsten Symptomen. Vor Beginn der Behandlung ist zu klären, ob die
genannten Symptome nicht auf einer spezifisch zu behandelnden Grunderkrankung beruhen.
Ferner bei peripheren arteriellen Durchblutungsstörungen und bei Tinitus (Ohrensausen). |
Anwendungsgebiete:
Die Droge als pflanzliches Magen-Darm-Mittel bei
Verdauungsbeschwerden, insbesondere bei funktionellen Störungen des ableitenden
Gallensystems, auf Silymarin standardisierte
Zubereitungen (Fertigpräparate) zur Prophylaxe und Therapie von toxischen
Leberschäden und zur unterstützenden Behandlung bei chronisch-entzündlichen
Lebererkrankungen und Leberzirrhose.
Diese Indikation schliesst durch Alkohol und Hepatiden verursachte
Lebererkrankungen ein. Lebensrettend kann Silymarin wirken bei
Knollenblätterpilzvergiftungen. Diese werden
hervorgerufen durch die Gifte Phalloidin und a-Amantadin, die
in den Leberzellen die Neusynthese von Proteinen unterbinden. Wenn der zelleigene Vorrat
an Proteinen erschöpft ist, kommt es zm Zelltod, was Nekrosen des Lebergewebes zur Folge
hat. Die letale Dosis an Amantotoxinen beträgt beim Menschen 0,1 mg pro kg
Körpergewicht, so dass selbst bei einer 100 kg schweren Person die in einem 50 g schweren
Knollenblätterpilz enthaltene Menge von 10 mg Amantotoxinen bereits ausreichend ist, um
unbehandelt zum Tode zu führen. Die toxische Wirkung beruht insbesondere auf einer
reversiblen Bindung an der RNA-Polymerase, der das Eindringen in die Zelle durch die
Zellmembran vorausgeht. Aufgrund des oben gezeigten Wirkungsmechanismus stellt Silymarin
das wirkungsvollste Antidot zur Therapie der Knollenblätterpilzvergiftung dar, weil es
sowohl das Eindringen des Giftes in die Zelle als auch die Hemmung der RNA-Polymerase
bewirkt. |
Gegenanzeigen: Keine bekannt. |
Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt. Vereinzelt wird
eine leicht laxierende Wirkung beschrieben. |
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt. |
Dosierung und Art der Anwendung: Bei Verwendung als
Magen-Darm-Mittel soweit nicht anders verordnet 3 bis 4mal täglich eine Tasse des wie
folgt zubereiteten Tees: Ein Teelöffel voll (ca. 3,5 g) pulverisierter
Mariendistelfrüchte wird mit ca. 150 ml siedendem Wasser übergossen und nach etwa 10 bis
15 min durch ein Teesieb gegeben.
Als Lebertherapeutikum in Form von auf einen Silymaringehalt von 200 bis 400 mg
standardisierten Zubereitungen.
Zur Behandlung der
Knollenblätterpilzvergiftung in der Klinik als Infusion nach einem inzwischen
bewährtem Therapieschema in Kombination mit begleitenden Maßnahmen. |
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Literatur:
Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, 6. Nachtrag sowie 5. Ausgabe, Grundwerk
2005; Hagers Handbuch der pharmazeutischen
Praxis, Folgeband 3, Drogen L-Z, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1998; M.
Wichtl (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH,
Stuttgart 1997; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 50 vom 13.03.1986; DAB
1999; Knollenblätterpilzvergiftungen - Therapie mit Silibinin sichert Überlebenschancen.
Deutsche Apotheker Zeitung 138: 3500 (1998) |