Stammpflanze: Atropa bella-donna L. / Tollkirsche [Fam.
Solanaceae / Nachtschattengewächse]. Synonyme: Atropa lethalis SALISB.,
Atropa lutescens JACQ. ex C. B. CLARKE,
Atropa pallida BORNM., Belladonna baccifera LAM.,
Belladonna trichotoma SCOP. Dt. Synonyme: Chrottenblueme,
Deiwelskersche, Judenkernlein, Judenkirsche, Rasewurz, Schwarzber,
Teufelsauge, Teufelsberi, Teufelsglückle, Teufelskirsche, Tintenbeer,
Tollbeere, Tollkraut, Waldnachtschatten, Wolfsbeere, Wolfskirsche. Englisch: Banewort, deadly nightshade, dway berries, morel.
Botanische Beschreibung der Stammpflanze: In Mitteleuropa im Juni und Juli blühende, 1 bis 2 m hohe Staude
mit dickem, walzenförmigen Wurzelstock. Die bis 15 cm langen, ganzrandigen
Blätter sind eiförmig-zugespitzt und flaumig behaart. Die einzeln stehenden
Blüten sind überhängend. Der fünfspaltige Kelch ist zur Fruchtreife
sternförmig ausgebreitet. Die 2,5 bis 3,5 cm langen, violetten, innen
schmutzig gelben, purpurrot geaderten Kronblätter sind röhrig-glockig
verwachsen. Aus dem oberständigen Fruchtknoten entwickelt sich eine
kugelige, zuerst grüne, dann glänzend schwarze, kirschgroße Beere, die viele
eiförmige, schwarze Samen enthält.
Verbreitung: Auf Kalk in schattigen Bergwäldern, auf Waldlichtungen und an Säumen
in W-, M- und S-Europa, östlich bis Kleinasien, südlich bis N-Afrika, nördlich bis
Dänemark, Schweden, Irland.
Droge: Die [überwiegend aus Wildvorkommen
in Ost- und Südosteuropa stammenden, zur Blütezeit gesammelten, bei 40-60 °C
getrockneten] Blätter oder Blätter mit blühenden Zweigspitzen und
gelegentlich Früchten, die einen Gesamtalkaloidgehalt von mindestens 0,3 %
aufweisen, berechnet als Hyoscyamin und
bezogen auf die getrocknete Droge.
Beschreibung der Droge: Die oft
zerdrückten und zusammengerollten Blätter sind grün bis braungrün gefärbt
und auf der Oberseite meist etwas dunkler. Die bei alten Blättern schwach
und bei jungen Blättern stark behaarte, ungeteilte, breit eiförmige und eine
scharfe Spitze besitzende Blattspreite ist 5 bis 25 cm lang und 2,5 bis 12
cm breit. Der Blattstiel ist im Durchschnitt 0,5 bis 4 cm lang. Neben den
Blättern finden sich Zweigspitzen mit Blüten und Früchten, die in den
Blattachseln entspringen und die besonders durch die Kelchblätter mit
dreieckigen Zipfeln charakterisiert sind.
Geruch und Geschmack: Schwach
widerlicher Geruch und unangenehmer, schwach bitterer Geschmack.
Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch:
Tollkirschenkraut, Tollkraut, Waldnachtschattenblätter, Wolfsbeerenblätter,
Wolfskirschenblätter.
Englisch: Belladonna herba, Belladonna leaves, black cherry leaves,
deadly nightshade leaves, dwale leaves, dwayberry leaves.
Lateinisch: Belladonnae herba, Folia Belladonnae, Herba Belladonnae.
Inhaltsstoffe:
Alkaloide:
Gehalt 0,2 bis max. 2 %,
durchschnittlich 0,3-0,5 %. Bestehend aus bis fast 90 % L-Hyoscyamin, daneben ca. 7 %
Apoatropin, 3 % Tropin, 2 %
Scopolamin.
Weitere Bestandteile: Flavonoide, insb.
Quercetin- und Kämpferolderivate, Cumarine und bis 10 %
Gerbstoffe
Wirkungen: Die Wirkungen der Droge entsprechen allgemein
denen von (-)-Hyoscyamin bzw. dem des Racemats Atropin, d. h. parasympatikolytische Wirkung
mit einer allgemeinen Erschlaffung der glatten Muskulatur und einer Aufhebung spastischer
Zustände vor allem im Bereich des Gastrointestinaltrakts und der Gallenwege.
In höheren
Dosen auch Antagonisierung der Wirkungen von Acetylcholin an Ganglien und motorischen
Endplatten (nikotinerge Acetylcholinwirkung) und seiner Transmitterfunktion im Gehirn und
damit zentralerregende Wirkung.
Anwendung: Spasmen und kolikartige Schmerzen
im Bereich des Gastrointestinaltrakts.
Dosierung und Art der Anwendung: Infolge geringer therapeutischer Breite nur in Form von auf einen
bestimmten Arzneigehalt eingestelltem Pulver (Belladonnae pulvis normatus) und
von Zubereitungen. Maximale Einzeldosis entsprechend 0,60 mg Gesamtalkaloide, maximale Tagesdosis
entsprechend 2,2 mg Gesamtalkaloide.
Anwendungsbeschränkungen: Nicht anzuwenden in der Stillzeit sowie bei tachykarden Arrhythmien,
Prostataadenom mit Restharnbildung, Engwinkelglaukom, akutem Lungenödem, mechanischen
Stenosen im Bereich des Magen-Darm-Traktes, daneben auch nicht bei sehr hoher Außentemperatur
(Gefahr der Hyperthermie durch verminderte Schweißsekretion).
Akute Toxizität: Bis zu einer etwa 3,0 mg Atropin entsprechenden Menge Drogenmaterial Vergiftungssymptome, die auf die peripheren
Atropinwirkungen zurückzuführen sind (Rötung des Gesichts, Trockenheit der
Schleimhäute mit Durstgefühl, Schluckstörungen und Heiserkeit, beschleunigter Puls
sowie Mydriasis mit maximal erweiterten, starren Pupillen), ab etwa 3,0 mg Atropin
zentral erregende Wirkung mit starker motorischer Unruhe, Rededrang, Halluzinationen,
Delirien und Tobsuchtsanfällen, die meist in Schlaf und Erschöpfung enden, bei noch
höheren Dosen zentrale Lähmung mit Gefahr des Atemstillstands. Die letale
Dosis beginnt bei Erwachsenen bei 100 mg Atropin bzw. 10 mg (-)-Hyoscyamin,
bei Kindern bei wenigen mg Atropin.
Chronische Toxizität: Bei missbräuchlicher
Verwendung als Rauschdroge kommt es zur allmählichen Verblödung.
Allgemeine Therapiemaßnahmen bei akuter Vergiftung: Mit Salzwasser alsbaldiges Erbrechen auslösen, Magenspülung mit
Natriumsulfat und Aktivkohle, Umschläge mit nassen Tüchern zur Senkung der
Körpertemperatur (keine Antipyretika!). |