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Kreuzdornbeeren - Rhamni cathartici fructus [DAB 2001]

Stammpflanzen: Rhamnus catharticus L. / Purgier-Kreuzdorn [Fam. Rhamnaceae / Faulbaumgewächse]. Synonyme: Cervispina cathartica (L.) MOENCH. Dt. Synonyme: Echter Kreuzdorn, Färbebaum, Stechdorn, Wegdorn, Scheißbeerenbaum. Englisch: buckthorn, common buckthorn, European buckthorn.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Strauch oder kleiner Baum, 1 bis 3 m hoch werdend. Zweige mehr oder weniger deutlich gegenständig, fast immer in einen Dorn auslaufend, im jungen Zustand mit wenigen zerstreuten Lentizellen, später mit kleinen, querrunzeligen Rissen. Blätter gegenständig, in der Form variabel, oft eiförmig bis schwach herzförmig, vorn zugespitzt, 4 bis 6 cm lang und 1 bis 3,5 cm breit, meist kahl. Blattrand fein gesägt. Blattstiel mindestens zweimal so lang wie die pfriemlichen, fast borstenförmigen, oft hinfälligen Nebenblätter und etwa 1/2 bis 2/3 so lang wie die Blattspreite. Die angenehm duftenden, gestielten Blüten sind in Trugdolden angeordnet, die den Blattachseln entspringen, 4zählig (Unterscheidungsmerkmal zum Faulbaum), gelblichgrün und klein. Kelchblätter nur 2 bis 3 mm lang, Kronblätter doppelt so lang, lineal-lanzettlich. Blüten scheinbar zwittrig, ein Geschlecht aber nur partiell oder rudimentär ausgebildet. Fruchtform: Beerenartige, schwarze, kugelige, bitter schmeckende Steinfrüchte.

Verbreitung: Heimisch in N-Algerien und Marokko, fast ganz Europa, der N-Türkei und dem N-Iran, im Kaukasus, in Asien in West-Sibirien, Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan. Anzutreffen auf kalkhaltigen, lockeren Lehmböden bevorzugt in Gebüschen und an Waldrändern.

Droge: Die ganzen, reifen, getrockneten Früchte, die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Hydroxyanthracen-Derivaten von 4,0 Prozent aufweisen, berechnet als Glucofrangulin A.

Beschreibung der Droge: Fast schwarz und meist etwas glänzend, kugelig, Durchmesser 5 bis 8 mm, Oberfläche stark runzelig. Fruchtstiel oft vorhanden, diesem gegenüber Rest des Griffels, der 2 sich rechtwinkelig kreuzende Furchen aufweist. Beim Zerschneiden der Steinfrüchte (Querschnitt durch die Mitte) sind 4 Fruchtfächer erkennbar. Entweder in jedem oder nur in 2 bis 3 dieser Fruchtfächer befindet sich ein scharfkantiger, hartschaliger, grauschwarzer Samen. Beim Betupfen mit Alkalien (z. B. Kali- oder Natronlauge) färbt sich der Querschnitt rot bis rotbraun.

Geruch und Geschmack: Geruchlos. Geschmack anfangs schwach süßlich, dann bitter. Beim Kauen Gelbfärbung des Speichels.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Amselbeeren, Purgierbeeren, Wegdornbeeren. Englisch: Buckthorn berries, common buckthorn fruits, hawthorn berries. Lateinisch: Baccae Spinae cervinae; Fructus Rhamni catharticae.

Herkunft: Sammlung aus Wildbeständen. Importe aus Osteuropa, Hauptlieferland Polen.

Gewinnung der Droge: Die reifen Früchte werden im Herbst gesammelt und getrocknet.

Inhaltsstoffe: Anthranoide: Gehalt bis 5 Prozent. Anthrachinonderivate, die überwiegend als Glykoside vorliegen. Wichtigstes Aglykon ist Emodin, Hauptglykoside wahrscheinlich Emodin-8-O-glucosid, -gentiobiosid und -primverosid. Weitere Komponenten: Etwa 1 % Flavonole, insbesondere Glykoside des Rhamnocitrins, Kämpferols, Rhamnetins und Quercetins.

Wirkungen: Laxierend. Kreuzdornbeeren gehören zur Gruppe der resorptionshemmenden Abführmittel. Die in der Droge enthaltenen Anthraglykoside werden nicht resorbiert. Im Dickdarm erfolgt durch bakterielle Enzyme ein Abbau zu Anthronen, welche die wirksame Form darstellen. Der Wirkungsmechanismus besteht vermutlich in einer Beeinflussung der Motilität des Dickdarms mit einer Stimulierung der Kontraktionen, die für den Transport des Darminhalts verantwortlich sind. Dies hat eine beschleunigte Darmpassage zur Folge, was zu der oben genannten Verminderung der Flüssigkeits- und Natriumionenresorption führt. In der Gegenrichtung werden durch Stimulierung des aktiven Transportmechanismus Chloridionen und als Folge dessen Wasser und andere Elektrolyte in den Darm abgegeben.
Anwendungsgebiete: Akute Verstopfung. Zuweilen auch noch (obwohl nicht befürwortet) zum Erweichen von Stuhl bei Analfissuren, Hämorrhoiden und nach rektal-analen operativen Eingriffen.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Volksheilkundllich verwendet bei Wassersucht und zur Blutreinigung. Die Wirksamkeit bei diesen Anwendungsgebieten ist nicht belegt.

Gegenanzeigen: Darmverschluss, akut-entzündliche Erkrankungen des Darmes wie z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Appendizitis, abdominale Schmerzen unbekannter Ursache. Kinder unter 12 Jahren, Schwangerschaft.
Unerwünschte Wirkungen: Bei Überdosierung sind Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfälle zu erwarten. Auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch in Einzelfällen krampfartige Magen-Darm-Beschwerden. Bei chronischer Anwendung Hämaturie (Auftreten von Blut im Harn), Albuminurie und Elektrolytverluste, insbesondere Kaliumverluste. Letzteres kann zu Störungen der Herzfunktion und zu Muskelschwäche führen. Weiterhin kann eine Pigmenteinlagerung in die Darmschleimhaut erfolgen, die jedoch harmlos und nach Absetzen der Droge meist reversibel ist.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Herzwirksame Glykoside, Diuretika und Nebennierenrindenhormone (Gluco- und Mineralocorticoide = von der Nebennierenrinde gebildete Steroidhormone bzw. deren synthetische Abwandlungsprodukte) und Süßholzwurzel: Verstärkung der bei länger andauernder Anwendung zu erwartenden Störungen der Herzfunktion und Muskelschwäche. Herzwirksame Glykoside: Wirkungsverstärkung. Antiarrhythmika: Beeinflussung der Wirkung.

Dosierung und Art der Anwendung: Maximale Anwendungsdauer: 1-2 Wochen. Bei längerer Anwendung tritt eine Verstärkung der Darmträgheit und damit eine Verstärkung der Verstopfung ein! Tagesdosis 20-30 mg Hydroxyanthracenderivate. Zum Erzielen der laxierenden Wirkung kann je nach Person bereits eine geringere Drogenmenge ausreichend sein. Wirkungseintritt erst nach etwa 8-12 Stunden! Als Tee: Die der Tagesdosis entsprechende Menge an Anthracenderivaten ist in ca. 0,5 g Droge enthalten. Daher als Tee möglichst Verwendung von Teebeuteln, die diese Menge enthalten. Für die individuelle Teebereitung zerkleinerte Droge mit heißem Wasser übergießen und nach 10 bis 15 min durch ein Teesieb geben. Teeaufguss abends vor dem Schlafengehen trinken.

Sonstige Verwendung: Aus unreifen Beeren bzw. Fruchtsaft früher Herstellung von Malerfarben.

Bilder:
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Recht typisch und für den deutschen Namen "Kreuzdorn" verantwortlich sind die meist deutlich gegenständigen Zweige (Abbildung links und rechts) sowie der Dorn an den Zweigspitzen (Abbildung rechts). Die Blattform ist recht veränderlich. Charakterstisches Merkmal der Blätter ist jedoch der gesägte Blattrand (s. Abbildung unten). Die recht kleinen, 4zähligen Blüten sind in mehr oder weniger dichten, blattachselständigen Trugdolden angeordnet (Abbildung unten).

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Literatur: USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN). [Online Database] National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Available: http://www.ars-grin.gov/cgi-bin/npgs/html/taxon.pl?31018 (14 September 2003); Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 221 vom 25.11.1993; Deutsches Arzneibuch 2002 (Erscheinungsjahr der Monographie: 1999); E. Teuscher, Biogene Arzneimittel, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1997.


© Thomas Schöpke