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Malvenblätter - Malvae folium [Ph. Eur. 7.2 (07/2011:2391)]

Stammpflanzen: Malva sylvestris L. / Wilde Malve und Malva neglecta WALLR. / Weg-Malve sowie Kleine Käsepappel [Fam. Malvaceae / Malvengewächse]. Synonyme: Malva sylvestris: Malva ambigua GUSS., Malva elata SALISB., Malva erecta C. PRESL; Malva glabra DESR., Malva mauritiana L., Malva obtusa MOENCH, Malva ruderalis SALISB., Malva sylvestris var. incanescens GRISEB., Malva vulgaris S. F. GRAY. Malva neglecta: Insbesondere Malva rotundifolia auct., daneben auch Malva vulgaris FRIES. Dt. Synonyme: Malva sylvestris: Eine Vielzahl der deutschsprachigen Synonyme leiten sich ab von dem früher sehr verbreiteten Namen "Pappel". Hierzu zählen u. a. Hanfpappel, Hasenpappel, Käsepappel, Pappel, Pappelkäs, Pappelrose, Pöperlich, Rosenpappel, Rosspappel, Waldpappel und Weberpappel. Eine weitere Reihe von Namen bezieht sich auf die Form der Früchte. Beispiele dafür sind Hasenbrot, Hasenkeese, Himmelsbrot, Holländer Käs, Käsekraut, Käsli, Keeske, Krallen, Möppekees und Semmeln. Weitere deutschsprachige Synonyme sind u. a. Gänselatschen, Halsblume, Schwellkraut und Stoppelkraut. Malva neglecta: Im Volkmund nur teilweise von der Wilden Malve unterschieden, so dass die oben genannten Bezeichnungen im Wesentlichen auch für die Weg-Malve gelten. Separat genannt werden lediglich Kleine Rosspappel und Gänse-Malve (bezogen auf das Vorkommen auf Gänseweiden). Englisch: Malva sylvestris: cheeses, Common mallow, high mallow, tall mallow. Malva neglecta: common mallow.

Botanische Beschreibung der Stammpflanzen: Malva sylvestris: Vom Juni bis Oktober blühendes zweijähriges oder ausdauerndes, 0,3 bis 1,2 m hohes Kraut. Der nieder liegende bis bogig aufsteigende, gelegentlich auch aufrechte Stengel ist ästig verzweigt und am Grund leicht verholzt. Die Blätter sind 3- bis 7-teilig gelappt, bis 12 cm lang und bis 15 cm breit, am Grunde eingebuchtet, auf der Oberseite schwach und auf der Unterseite stärker behaart. Etwa 2 bis 6 Blüten stehen auf 1 bis 2,5 cm langen Blütenstielen, die den Blattachseln entspringen. Die einzelnen Blüten werden von einem dreiblättrigen Außenkelch umgeben. Die Außenkelchblätter sind länglich-eiförmig, 4 bis 8 mm lang und 3- bis 6mal so lang wie breit. Kelchblätter fünf, bis 6 mm lang, bis etwa zur Mitte miteinander verwachsen. Kronblätter fünf, 15 bis 30 mm lang, 3- bis 4mal so lang wie der Kelch, tief ausgerandet, rosaviolett, purpurn bis weiß gefärbt, mit jeweils 3 kräftigen, dunklen Längsstreifen. Staubblätter zahlreich, Staubfäden zu einer 10 bis 12 mm langen Röhre verwachsen. Fruchtknoten oberständig, aus 9 bis 11 Fruchtblättern gebildet. Fruchtstiele aufrecht oder abstehend, Früchte nahezu scheibenförmig (an einen Schweizer Käse erinnernd; -> s. deutsche Synonyme), 7 bis 9 mm breit und etwa 2 mm dick, recht schnell in die kahlen oder auf dem Rücken behaarten Teilfrüchte zerfallend. Malva neglecta: Von Juni bis Oktober blühende, meist niederliegende bis aufsteigende, selten auch aufrechte, einjährige bis ausdauernde Pflanze. Stengel 10 bis 50 cm lang, ästig verzweigt. Blätter rundlich oder nierenförmig, am Grunde herzförmig; wellig 5- bis 7teilig gelappt, jedoch höchstens bis zu 1/5 der Spreitenlänge geteilt. Blattstiel etwa dreimal so lang wie die Blattspreite. Oberseite der Spreite spärlich behaart bis fast kahl, Unterseite mehr oder weniger behaart mit einzelnen oder in Büscheln stehenden Haaren. Blüten paarig oder zu mehreren, selten auch einzeln den Blattachseln entspringend. Blütenstiel mehrere cm lang. Außenkelch bestehend aus drei schmal-lanzettlichen, 4 bis 5 mm langen, beidseitig behaarten, am Rand bewimperten Blättern. Kelchblätter fünf, außen behaart, bis zur Hälfte verwachsen, Kelchzipfel ganzrandig oder undeutlich gezähnelt. Kronblätter fünf, 5 bis 15 mm lang, etwa doppelt so lang wie der Kelch, tief ausgerandet, hellrosa bis weiß, mit etwas dunklerer Nervatur. Staubblätter zahlreich, Staubfäden zu einer ca. 6 mm langen Röhre verwachsen. Fruchtstiele abwärts gebogen, Früchte scheibenförmig, 6 bis 7 mm breit und bis 2 mm dick, alsbald in an den Kanten abgerundete, glatte Teilfrüchte zerfallend.

Verbreitung: Malva sylvestris: Heimisch im Mittelmeergebiet, in Vorder- und Westasien sowie in ganz Europa. Infolge Verschleppung durch den Menschen heute jedoch weltweit in den subtropischen und gemäßigten Zonen der Nord- und Südhalbkugel der Erde anzutreffen. In Deutschland bevorzugt auf trockenen, meist kalkhaltigen, stickstoffreichen Böden in warmen Lagen und allgemein weit verbreitet an Wegrändern, auf Schutt, an Mauern und Zäunen. Malva neglecta: Die Heimat der Pflanze erstreckt sich vermutlich mehr oder weniger bogenförmig von den Kanarischen Inseln über Marokko und Nordalgerien in Afrika, die Iberische Halbinsel, das gesamte europäische Mittelmeergebiet, Mitteleuropa, Südosteuropa, Vorderasien, Mittelasien bis in die Mongolei. Ebenso wie M. sylvestris findet man die Weg-Malve heute jedoch aufgrund der Verschleppung durch den Menschen nahezu weltweit in der gemäßigten Klimazone. In Deutschland ebenfalls recht häufig anzutreffen an Wegrändern, auf Schutt, an Mistgruben, Mauern, Zäunen sowie in Hackäckern und Gärten.

Droge: Die getrockneten, ganzen oder geschnittenen Laubblätter von Malva sylvestris L., Malva neglecta WALLR. oder Mischungen davon.

Beschreibung der Droge: Von Malva sylvestris stammende Blätter sind bis 12 cm lang und bis 15 cm breit, drei-, fünf- oder siebenlappig und am Grunde eingebuchtet, die Blätter von Malva neglecta bis 9 cm lang und ebenso breit, kreis- bis bis nierenförmig mit fünf bis sieben wenig ausgeprägten Lappen. Die Blätter beider Arten sind am Rand ungleich kerbig gezähnt und grün bis bräunlich grün. Auf der schwach behaarten Oberseite treten die Blattnerven weniger hervor als auf der stärker behaarten Unterseite. Die ebenso wie die Nerven der Blattoberseite zum Teil violett überlaufenen Blattstiele sind etwa so lang wie die Blätter, bis 2 mm dick, rundlich, auf der Oberseite etwas abgeflacht, schwach längs gefurcht und grün bis braungrün oder violett überlaufen. Die Schnittdroge ist gekennzeichnet durch zerknitterte, manchmal zusammenhängende Blattstücke mit hervortretender Nervatur.

Geruch und Geschmack: Kaum wahrnehmbarer Geruch und schleimiger Geschmack..

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Hasenpappelblätter, Käsekraut, Käsepappelblätter, Malvenblätter. Englisch: Blue mallow, Mallow leaf. Lateinisch: Folia Malvae; Folium Malvae; Malvae folia.

Herkunft: Überwiegend aus der Wildsammlung, geringe Mengen auch aus dem Anbau von Malva sylvestris ssp. mauritiana. Hauptlieferländer sind Albanien, Bulgarien und Marokko.

Gewinnung der Droge: Gesammelt wird in den Monaten Juni bis Anfang September. Zum Trocknen wird das Erntegut in dünner Schicht an schattigen, gut belüfteten Plätzen ausgebreitet.

Inhaltsstoffe: Polysaccharide: Gehalt im Durchschnitt zwischen 5 und 12 %. Aus chemischer Sicht handelt es sich um ein Gemisch verschiedener neutraler und saurer Polysaccharide mit einem mittleren Molekulargewicht von 62000 Dalton. Nach Hydrolyse wurden Galactose, Glucose, Arabinose, Xylose, Rhamnose und Galacturonsäure als Monosaccharidbausteine erhalten, wobei der Galacturonsäuregehalt bei ca. 19% liegt. Flavonoide: Gehaltsangaben fehlen. 3-O-Glucuronide des Hypoaletins und Isoscutellareins sowie die sulfatierten Verbindungen Gossypetin-8-O-ß-D-glucuronids-3-sulfat, Gossypetin-3-sulfat-8-O-ß-D-glucosid und Hypoaletins-8-O-ß-D-glucosid-3'-sulfat. Weitere Bestandteile: Spuren an nicht näher identifizierten Gerbstoffen.

Wirkungen: Reizlindernd.

Anwendungsgebiete: Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum und damit verbundener trockener Reizhusten.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Äußerlich zur Wundbehandlung in Form von Umschlägen sowie als Badezusatz bei Entzündungen der Haut. Eine Wirksamkeit bei dieser Art der Anwendung ist bislang nicht hinreichend belegt.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.
Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Die mittlere Tagesdosis beträgt soweit nicht anders verordnet 5 g Droge. Zur Teebereitung wird 1 Teelöffel voll (etwa 1,8 g) fein geschnittener Droge mit etwa 150 ml siedendem Wasser übergossen und nach 10 bis 15 Minuten durch ein Teesieb gegeben. Anstelle des Teeaufgusses kann die Droge auch direkt mit kaltem Wasser angesetzt werden mit nachfolgendem Aufkochen und 10minütigem Ziehen oder ein Kaltauszug hergestellt werden. Dazu wird die Droge mit kaltem Wasser übergossen, etwa 5 bis 10 Stunden stehen gelassen lassen und kurz vor dem Trinken kurz aufgekocht. Mehrmals täglich eine Tasse des mit Honig gesüßten Tees trinken.


Bilder:

Aufgrund ihrer stattlichen Größe, des recht langen Blütezeitraums und der meist zahlreich vorhandenen Blüten bildet die Wilde Malve ein meist auffälliges Element in der Landschaft (s. Abbildung links oben). Demgegenüber ist die häufig am Boden kriechende Weg-Malve ausgesprochen unauffällig (s. Abbildung links unten).  Typisches Merkmal beider Arten sind die scheibenförmigen Früchte, die an einen Holländischen Käse (s. Abbildung links unten) erinnern, so dass der Wortstamm "Käse" in zahlreiche deutschen Bezeichnungen beider Arten auftritt. Der noch viel häufiger verbreitete deutsche Name "Pappel" hat nichts mit der Pappel oder einem Pappus, der bei den Malven ohnehin nicht vorhanden ist, zu tun sondern bezieht sich vermutlich auf die Verwendung der Pflanze zur Herstellung von Breiumschlägen (mittelhochdeutsch 'pap', niederhochdeutsch 'pappe' = '(Kinder)-Brei'). Die Kronblätter der Wilden Malve sind etwa doppelt so lang und in der Regel deutlich kräftiger gefärbt sind (Abbildung rechts oben) als die der Weg-Malve (s. Abbildung rechts unten). Ein weiteres gutes Unterscheidungsmerkmal beider Arten sind die Fruchtstiele, welche bei M. neglecta abwärts gebogen sind.


Literatur: Agrawal PK (Hrsg.), Studies in Organic Chemistry 39, Carbon-13 NMR of Flavonoids, Elsevier, Amsterdam Oxford New York Tokyo 1989; Deutscher Arzneimittelcodex (DAC) 2000; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 43 vom 02.03.1989; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke