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Liebstöckelwurzel - Levistici radix
[Ph. Eur. 7.0 (01/2008:1233) letzte Änderung 6.0]

Stammpflanze: Levisticum officinale KOCH / Liebstöckel [Fam. Apiaceae / Doldengewächse]. Synonyme: Angelica levisticum ALL., Angelica paludapifolia LAM., Hipposelinum levisticum BRITTON et ROSE, Levisticum levisticum KARSTEN, Levisticum paludapifolium ASCHERS, Levisticum vulgare RCHB., Ligusticum levisticum L., Ligusticum officinale PILGER. Dt. Synonyme: Badekraut, Bärmutter, Bergliebstöckel, Gebärmutterkraut, Gichtwurz, Labstockwurzel, Leberstockwurzel, Lieberöhre, Lichtstengel, Suppenlob, Wasserkräutel. Englisch: Bladder seed, lovage.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Ausdauernde, stark aromatische, nach „Maggi-Kraut“ duftende (Sellerie-ähnliches Aroma) Staude, die eine Höhe bis 2 erreichen kann. Der am Grund bis 4 (und mehr) cm dicke, röhrige, stielrunde Stengel entspringt einem kräftigen, mehrere Zentimeter dicken, kurzen Wurzelstock, der in die etwas dünneren Wurzeln übergeht. Im oberen Teil ist der Stengel gerieft und es entspringen aufrecht abstehende Seitentriebe. Die Laubblätter sind 2- bis 3fach fiederig zerschnitten und im Umriss dreieckig-rhombisch. Die unteren erreichen eine Länge bis zu 70 cm und eine Breite bis 65 cm, die oberen werden kleiner, sind kürzer gestielt und weniger gegliedert bis ungeteilt. Die Blüten befinden sich in 12- bis 20strahligen Doppeldolden mit einem Durchmesser bis 12 cm. Hüllblätter und Hüllchenblätter sind zahlreich vorhanden und zurückgeschlagen. Die Hüllchenblätter sind am Grund oft etwa verwachsen. Die Blüten sind blassgelb und zwittrig. Die Kronblätter erreichen eine Länge und Breite von etwa 1 mm. Das Griffelpolster ist zur Blütezeit glänzend dottergelb. Ihm entspringen zwei sehr kurze, warzenförmige Griffel. Die elliptische Frucht ist doppelt so lang wie breit, besitzt eine Länge von 5 bis 7 mm, ist zur Reife gelb bis braun gefärbt und glatt. Die Teilfrüchte sind bogenförmig gekrümmt und fünfrippig.

Verbreitung: Natürliche Vorkommen identischer Formen sind unbekannt. Der im Hager vorgenommene Verweis auf die in Persien heimische Levisticum persicum konnte nicht bestätigt werden. Als Kultivar in ganz Europa und Nordamerika anzutreffen, dort dann auch verwildert auf tiefgründigen, ausreichend feuchten und nährstoffreichen Böden in nicht zu sonniger Lage.

Droge: Das ganze oder geschnittene, getrocknete Rhizom und die Wurzeln von Levisticum officinale KOCH, die bezogen auf die getrocknete Droge einen Gehalt an ätherischem Öl von mindestens 4,0 ml/kg (= 0,4 %) und bezogen auf die geschnittene Droge von 3,0 ml/kg (= 0,3 %) enthalten.

Beschreibung der Droge: Der Wurzelstock ist bis 5 cm breit, häufig gespalten, gelblich-braun, quergeringelt und von wachsartig weicher Konsistenz. Nach unten geht er über in die bis zu 3 cm dicken, wenig verzweigten Wurzeln. Diese sind längsgefurcht und längsrunzelig, mit Querhöckern besetzt, die unregelmäßig angeordnet sind. Das obere Ende ist bisweilen mehrköpfig und mit Stengelansätzen versetzt.

Geruch und Geschmack: Aromatischer, charakteristischer würziger Geruch, der an Suppenwürze erinnert („Maggi-Geruch“) und erst süßlicher, dann würziger und schwach bitterer Geschmack.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Gebärmutterwurzel, Gichtstockwurzel, Labstockwurzel, Liebstengelwurzel, Lippstockwurzel, Maggiwurzel, Sauerkrautwurz. Englisch: Lovage root. Lateinisch: Radix Levistici
Herkunft: Ausschließlich aus dem Anbau. In großer Menge produziert in Thüringen. Weitere Hauptlieferländer sind Polen, Holland und einige Balkanstaaten.

Inhaltsstoffe: Wichtigste Komponente mit einem Gehalt von 0,4 bis 0,7 %, der allerdings jahreszeitlichen Schwankungen unterliegt und in der vegetativen Periode am höchsten ist, ist das ätherisches Öl. Hauptbestandteile des Öls sind die bis zu 70 % vorkommenden Alkylphthalide, die zugleich für den Geruch der Droge verantwortlich sind, mit Z-Ligustilid (Hauptkomponente), E-Ligustilid, 3-Butylphthalid, E- und Z-Butylidenphthalid (= Ligusticumlacton) als wichtigsten Komponenten; ferner α- und ß-Pinen und ß-Phellandren. Aus der Gruppe der für die Pflanzenfamilie typischen Furanocumarine kommen Bergapten und Psolaren vor, ferner das Hydroxycumarin Umbelliferon. Der Gesamtcumaringehalt beträgt 0,1 %. Ferner das 0,06 % des Polyacetylens (+)-Falcarindiol.

Wirkungen: Als wichtigste Wirkung wird die diuretische Wirkung genannt. Der Nachweis wurde in verschiedenen tierexperimentellen Untersuchungen erbracht, in denen allerdings stark voneinander abweichende Resultate erhalten wurden. Aus diesem Grund wird die Übertragbarkeit auf den Menschen angezweifelt. Weitere experimentell belegte Wirkungen, die jedoch keine praktische Relevanz besitzen, sind die antimikrobielle, sedative und anticholinerge Wirkung..

Anwendungsgebiete: Zur Durchspülung bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege. Durchspülungstherapie zur Vorbeugung von Nierengrieß.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Innerlich bei ödematösen Schwellungen. Ferner bei Verdauungsbeschwerden wie Aufstoßen, Sodbrennen und Völlegefühl und Blähungen, Menstruationsbeschwerden (s. Drogenbezeichnung "Gebärmutterwurzel"), als schleimlösendes Mittel bei Katarrhen der Luftwege und bei Magenbeschwerden. Kontrollierte klinische Studien, in denen die Wirksamkeit bei den volkstümlichen Anwendungen genannt werden, liegen nicht vor.

Gegenanzeigen: Bei akuten entzündlichen Erkrankungen des Nierenparenchyms sowie bei eingeschränkter Nierenfunktion sollten Zubereitungen aus Liebstöckelwurzeln nicht angewendet werden. Ebenso ist die Droge nicht zur Durchspülungstherapie bei Ödemen anzuwenden, deren Ursache in einer eingeschränkten Herz- oder Nierenfunktion besteht.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Die mittlere Tagesdosis beträgt 4 bis 8 g Droge. Die gebräuchliche Einzeldosis sollte sich an der mittleren Tagesdosis orientieren und mindestens 1,5 und höchstens 4 g Droge betragen. Empfohlen wird eine geringere Dosierung und eine mehrmalige Zufuhr zwischen den Mahlzeiten. Zur Teebereitung wird die Droge mit ca. 150 ml siedendem Wasser übergossen. Nach 10- bis 15minütigem Ziehen gibt man den Aufguss durch ein Teesieb.

Sonstige Verwendung: Im Haushalt als Gewürz sowie in der Likörindustrie zur Herstellung von Magenschnäpsen, Kräuter- und Bitterlikören.


Bilder:

Liebstöckel ist eine stattliche, bis 2 m hoch werdende Staude, deren Stengeldurchmesser bis 4 cm betragen kann (s. Abbildung links). Die Laubblätter sind 2- bis 3fach fiederig zerschnitten und bis zu 70 cm lang und 65 cm breit. Die blassgelben, zwittrigen Blüten sind in bis 12 cm breiten Doppeldolden angeordnet (s. Abbildung rechts).


Literatur: Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, 2. Nachtrag und 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Band 5, Drogen E-O, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1994, S. 664-670; M. Wichtl (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1997; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 101 vom 01.06.1990.


© Thomas Schöpke