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Hamamelisblätter - Hamamelidis folium [Ph. Eur. 7.0 (01/2011:0909)]

Stammpflanze: Hamamelis virginiana L. / Hamamelis [Fam. Hamamelidaceae / Hamamelisgewächse]. Synonyme: Alternative Bezeichnungen sind heute sowohl in der wissenschaftlichen als auch der Laienliteratur nicht mehr anzutreffen. Daher findet man Namen wie z. B. Hamamelis caroliniana WALT., Hamamelis dentata MOENCH, Hamamelis macrophylla PURSH, Hamamelis nigra RAF., Hamamelis virginica L. und Trilopus dentata RAF. nur in älteren, fast ausschließlich aus der Zeit vor 1900 stammenden Schriften. Dt. Synonyme: Hexenhasel, Virginische Zaubernuss, Virginischer Zauberstrauch, Zauberhasel, Zaubernuss, Zauberstrauch. Englisch: Magicians rod, pistachio nut, snapping hazelnut, spotted alderstriped alder, winter bloom, witch hazel, witch-hazel.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Von September bis Dezember, kurz vor oder nach dem Laubfall blühender Strauch oder kleiner Baum, dessen Höhe im Durchschnitt bis 3 m reicht (maximal bis 10m). Der Durchmesser des Stamms beträgt bis 40 cm, die Rinde ist dünn, außen braun und innen rötlich. Die älteren Zweige sind stark buschig verästelt, silbergrau bis graubraun gefärbt und durch Lentizellen gekennzeichnet, die jüngeren Zweige gelblichbraun und mit braunen Sternhaaren versehen. Die wechselständig angeordneten, kurz gestielten Blätter sind verkehrt-eiförmig bis rhombisch, 8 bis 15 cm lang, 7 bis 11 cm breit und häufig durch unten in ungleicher Höhe endende Hälften der Blattspreite gekennzeichnet. Der Blattrand ist grob gekerbt, stumpf buchtig gezähnt bis ungleichmäßig wellig geschweift. Besonders auf der Blattunterseite tritt ein starker Mittelnerv und 5 bis 7 Paar Seitennerven hervor, die bis in die Zähne des Blattrandes verlaufen. Blütenstände kurz gestielt und aus etwa 5 bis 8 radiärsymmetrischen, 4zähligen Blüten bestehend. Kelchblätter klein, eiförmig oder dreieckig, nach außen gebogen, innen gelbbraun bis braun. Kronblätter leuchtend gelb, auffallend lang, 1 bis maximal 2 cm, schmal-linealisch. Staubblätter in 2 Wirteln, äußere Staubblätter zwischen den Kronblättern stehend, fruchtbar, mit fast kugeligem Staubbeutel, innere Staubblätter unfruchtbar und zungenförmig. Fruchtknoten zottig behaart, aus zwei verwachsen Fruchtblättern bestehend, mit zwei langen, an der Spitze etwas nach außen gebogen Griffeln. Kapselfrucht 12 bis 15 mm lang, dicht behaart, holzig, eiförmig, mit 2 Hörnchen an der Spitze.

Verbreitung: Laubwälder der atlantischen Staaten der USA, vom südlichen Kanada bis Texas und Nordflorida, westlich bis Wisconsin, Nebraska und Missouri.

Droge: Die ganzen oder geschnittenen, getrockneten Laubblätter, die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindesttanningehalt von 3 Prozent aufweisen (berechnet als Pyrogallol).

Beschreibung der Droge: Blätter kurz gestielt, meist 8 bis 12 cm lang und ca. 7 cm breit, verkehrt-eiförmig oder rhombisch, meist asymmetrisch. Blattrand unregelmäßig grob gekerbt, vereinzelt mit Drüsenzähnen. Blattspreite fiedernervig, auf der Oberseite dunkelgrün, auf der Unterseite hell- oder braungrün, mit einem kräftigen Mittelnerv, von dem starke, in den Kerbzähnen endende und auf der Unterseite stark hervortretende Seitennerven abgehen. In den Winkeln der Nerven mit Büschel- und Sternhaaren, ansonsten unbehaart.

Geruch und Geschmack: Schwacher, jedoch als charakteristisch geltender Geruch und herber, schwach zusammenziehender Geschmack.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Wünschelrutenblätter, Zauberhaselblätter, Zauberstrauchblätter. Englisch: Hamamelis leaves, witch hazel leaves. Lateinisch: Folia Hamamelidis.

Herkunft: USA, Kanada, Anbaugebiete Europas.

Inhaltsstoffe: Mind. 5 %, teilweise aber über 10 % mit Hautpulver fällbare Gerbstoffe unbekannter Struktur, jedoch überwiegend Catechingerbstoffe und wenig Gallotannine. 0.01 bis 0.5 % ätherisches Öl.

Wirkungen: Infolge des Gehalts an Gerbstoffen adstringierend, entzündungshemmend und lokal hämostyptisch.

Anwendungsgebiete: Leichte Hautverletzungen, lokale Entzündungen der Haut und Schleimhäute, Hämorrhoiden und Krampfaderbeschwerden.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Innerlich bei Durchfallerkrankungen.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Evtl. bei empfindlichen Personen nach Einnahme gelegentlich Magenreizungen, ferner angeblich in seltenen Fällen Erzeugung von Leberschäden durch Hamamelisgerbstoffe.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Zur äußeren Anwendung als Wasserdampfdestillat (Hamameliswasser, enthält keine Gerbstoffe) unverdünnt oder im Verhältnis 1:3 mit Wasser verdünnt zu Umschlägen. Dekokte aus 5 bis 10 g Droge auf ca. 250 ml Wasser zu Umschlägen und Spülungen. Zur inneren Anwendung auf Schleimhäuten meist in Form von Zäpfen (Hämorrhoidalzäpfchen) 1-3mal täglich die einer Menge von 0,1-1,0 g Droge entsprechende Menge. Zur Teebereitung 1 Teelöffel (2-3 g) Hamamelisblätter mit ca 150 ml siedendem Wasser übergießen, nach 10 min durch Teesieb geben und 2-3mal täglich eine Tasse des frisch bereiteten Aufgusses zwischen den Mahlzeiten trinken.

Sonstige Verwendung: In der Kosmetik Extrakte als Bestandteile von Gesichtswässern, Pre-shaves, After-shaves, Hautnährcremes und Deocremes.

Bilder:

Infolge seiner Blütezeit im Herbst bzw. Frühwinter ist Hamamelis eine durchaus ungewöhnliche Pflanze. Die deutschen Namen "Hexenhasel" und "Zaubernuss" sind wahrscheinlich dennoch Fehldeutungen des originalen englischen Namens "witch hazel", der sich auf die Ähnlichkeit zu Ulmus montana = "witchelm" bezieht und somit nicht von "witch" = "Hexe" abgeleitet ist. Die unten auf ungleicher Höhe endenden Hälften der  Blattspreite (s. Abbildung rechts oben) erinnern auch an Ulmen, denn die Ulmengewächse werden auf deutsch gleichfalls als Schiefblattgewächse bezeichnet. Hamamelis an sich ist meist ein stattlicher Strauch bis kleiner Baum, der im Durchschnitt bis 3 hoch ist und dessen Stamm immerhin bis 40 cm dick werden kann (s. Abbildung links oben). Die Äste sind dicht mit Lentizellen besetzt, so dass sie hell punktiert erscheinen (s. Abbildung links unten). Die Hamamelis-Arten besitzen unverwechselbare Blüten mit langen, nahezu fadenförmigen gelben Kronblättern (s. Abbildung rechts unten und Abbildungen in der Monographie der Familie Hamamelidaceae). Gleichfalls typisch sind die ein wenig an Haselnüsse erinnernden Früchte ("witch hazel" = "Hexenhasel" oder besser "Ulmenhasel"), die zur Fruchtreife so heftig aufspringen, dass die Samen bis 4 m weit geschleudert werden.


© Thomas Schöpke