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Faulbaumrinde - Frangulae cortex [Ph. Eur. 7.1 (04/2011: 0025)]

Stammpflanzen: Frangula alnus MILL. / Faulbaum [Fam. Rhamnaceae / Faulbaumgewächse]. Synonyme: Rhamnus frangula L. [Hinweis: Das Europäische Arzneibuch nennt noch den alten, heute nicht mehr gültigen Namen R. frangula als Namen der Stammpflanze], Rhamnus sanguinea PERS. Dt. Synonyme: Amselbaum, Brechwegdorn, Glatter Wegdorn, Grindholz, Pulverholz, Zweckenholz. Englisch: alder buckthorn, frangula, glossy buckthorn.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Stattlicher Strauch oder kleiner Baum, 1 bis 4 m hoch werdend. Zweige dornenlos, mit wechselständig angeordneten, ganzrandigen, breit-elliptischen bis verkehrt-eiförmigen, etwa 3,5 cm langen und 5 cm breiten Blättern, die kleine Nebenblätter besitzen. Blüten in 2- bis 10blütigen Trugdolden, die den Blattachseln entspringen, gestielt, trichterförmig, radiärsymmetrisch, 3 bis 4 mm lang und 5zählig (Unterschied zu Rhamnus). Kelchblätter 3 mm lang, Kronblätter weißlich, etwas kleiner als die Kelchblätter, Staubblätter etwas kürzer als die Kronblätter, mit großen Staubbeuteln und kurzen Staubfäden. Griffel ungeteilt, mit kopfiger Narbe. Kugelförmige Steinfrüchte, ca. 8 mm breit, anfangs grün gefärbt, später rot, zur Reife schwarzviolett.

Verbreitung: Heimisch von NW-Afrika (nördliches Algerien, Tunesien, Marokko) über ganz Europa, Vorderasien, Kleinasien bis Ost-Sibirien und China. Eingebürgert in Nordamerika.

Droge: Die getrocknete, ganze oder zerkleinerte Rinde der Stämme und Zweige, die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Glucofrangulinen von 7,0 Prozent aufweist, berechnet als Glucofrangulin A.

Beschreibung der Droge: Einfache oder doppelte, röhrenförmige Rindenabschnitte oder deren Bruchstücke, die gebogen, fast flach oder gerollt sein können. Wandstärke 0,2 bis 2 mm, Länge und Durchmesser verschieden. Außenseite graubraun bis dunkelbraun, längsgerunzelt und mit zahlreichen grauen, querverlaufenden, länglichen Lentizellen bedeckt. Beim Entfernen der äußeren Schichten wird eine dunkelrot gefärbte Schicht sichtbar. Innenseite der Rinde glatt, mit feinen Längsstreifen, orangebraun bis rotbraun gefärbt, beim Aufbringen von Alkalien (z. B. Kali- oder Natronlauge) sich rot verfärbend. Bruch kurz, im inneren Teil faserig.

Geruch und Geschmack: Geruch eigenartig unangenehm, Geschmack leicht zusammenziehend, schleimig-süßlich und zugleich etwas bitter.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Gelbholzrinde, Pulverholzrinde, Grindholzrinde, Zweckenbaumrinde. Englisch: Frangula bark, Buckthorn bark, Black alder bark. Lateinisch: Cortex Frangulae, Cortex Rhamni frangulae, Cortex Alni nigri.

Herkunft: Sammlung aus Wildbeständen oder aus durch menschlichen Eingriff angereicherten Beständen in Auwäldern. Importe aus Osteuropa, Hauptlieferland Polen.

Gewinnung der Droge: Das Schälen der Zweige erfolgt im Frühjahr vor der vollen Entwicklung der Blätter zur Zeit des höchsten Anthranoidgehalts. Vor dem Gebrauch ist eine einjährige Lagerung oder eine längere Hitzebehandlung erforderlich, da die getrocknete erntefrische Droge brecherregend wirkt (Vorkommen von Anthron- und Dianthronglykosiden, die bei der Lagerung zu den Anthrachinonglykosiden oxidiert werden).

Inhaltsstoffe: Anthranoide: Gehalt 7 bis 12 Prozent. Anthrachinonderivate, die überwiegend als Glykoside vorliegen. Wichtigstes Aglykon ist Emodin, weitere Aglykone sind Chrysophanol und Physcion. Als Hauptglykoside kommen vor Glucofrangulin A, Frangulin A, Glucofrangulin B sowie die Franguline B und C. Weitere Komponenten: Naphthochinone, 1,8-Dihydroxynaphthaline und in sehr geringer Menge Cyclopeptid-Alkaloide.

Wirkungen: Laxierend. Faulbaumrinde gehört zur Gruppe der resorptionshemmenden Abführmittel. Der Wirkungsmechanismus besteht vermutlich in einer Beeinflussung der Motilität des Dickdarms mit einer Stimulierung der Kontraktionen, die für den Transport des Darminhalts verantwortlich sind. Dies hat eine beschleunigte Darmpassage zur Folge, was zu der oben genannten Verminderung der Flüssigkeits- und Natriumionenresorption führt. In der Gegenrichtung werden durch Stimulierung des aktiven Transportmechanismus Chloridionen und als Folge dessen Wasser und andere Elektrolyte in den Darm abgegeben. Weitere Wirkungen: In in vitro Versuchen wurden für Extrakte fungizide und antivirale Wirkungen nachgewiesen.
Anwendungsgebiete: Akute Verstopfung. Zuweilen auch noch (obwohl nicht befürwortet) zum Erweichen von Stuhl bei Analfissuren, Hämorrhoiden und nach rektal-analen operativen Eingriffen.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Ebenso wie Kreuzdornbeeren volksheilkundllich verwendet bei Wassersucht und zur Blutreinigung. Die Wirksamkeit bei diesen Anwendungsgebieten ist nicht belegt.

Gegenanzeigen: Darmverschluss, akut-entzündliche Erkrankungen des Darmes wie z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Appendizitis, abdominale Schmerzen unbekannter Ursache. Kinder unter 12 Jahren, Schwangerschaft.
Unerwünschte Wirkungen: Bei Überdosierung (oder Anwendung der frischen Drogen) starkes Erbrechen, das mit Spasmen einhergehen kann. Auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch in Einzelfällen krampfartige Magen-Darm-Beschwerden. Bei chronischer Anwendung Hämaturie (Auftreten von Blut im Harn), Albuminurie und Elektrolytverluste, insbesondere Kaliumverluste. Letzteres kann zu Störungen der Herzfunktion und zu Muskelschwäche führen. Weiterhin kann eine Pigmenteinlagerung in die Darmschleimhaut erfolgen, die jedoch harmlos und nach Absetzen der Droge meist reversibel ist.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Herzwirksame Glykoside, Diuretika und Nebennierenrindenhormone (Gluco- und Mineralocorticoide = von der Nebennierenrinde gebildete Steroidhormone bzw. deren synthetische Abwandlungsprodukte) und Süßholzwurzel: Verstärkung der bei länger andauernder Anwendung zu erwartenden Störungen der Herzfunktion und Muskelschwäche. Herzwirksame Glykoside: Wirkungsverstärkung. Antiarrhythmika: Beeinflussung der Wirkung.

Dosierung und Art der Anwendung: Maximale Anwendungsdauer: 1-2 Wochen. Bei längerer Anwendung tritt eine Verstärkung der Darmträgheit und damit eine Verstärkung der Verstopfung ein! Tagesdosis 20-30 mg Hydroxyanthracenderivate. Als Tee: Teeaufguss aus 0,5 g Droge. Zum Erzielen der laxierenden Wirkung kann je nach Person bereits eine geringere Drogenmenge ausreichend sein. Wirkungseintritt erst nach etwa 8-12 Stunden! Als Tee möglichst Verwendung von Teebeuteln, die 0,5 Droge enthalten. Bei Verwendung von geschnittener oder pulverisierter Droge beachten, dass ein halber Teelöffel bereits einer Menge von etwa 2 g entspricht. Zur Teebereitung Droge mit etwa 150 ml kochendem Wasser übergießen und nach 10 bis 15 min durch ein Teesieb geben. Teeaufguss abends vor dem Schlafengehen trinken.

Sonstige Verwendung: In der Kosmetik zuweilen Nutzung von Trockenextrakten aus Faulbaumrinde bzw. von reinem Frangulin A oder Glucofrangulin A als Sonnenschutzmittel.
Wissenswertes: Die deutsche Bezeichnung Faulbaum wurde gewählt, weil die Rinde in frischem Zustand einen fauligen Geschmack aufweist. Der Name Pulverholz bezieht sich darauf, dass die trockenen Zweige der Pflanze früher in der Schießpulverherstellung eine Rolle spielten.

Bilder:
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Abbildung unten: Die Pflanze ist durch zahlreiche Lentizellen der Rinde, ganzrandige, mehr oder weniger elliptische, ganzrandige Blätter und Früchte charakterisiert, deren Farbe zur Reifezeit schwarzviolett ist. Abbildung links: Die Staubblätter der kleinen Blüten stehen zwischen den Kronblättern und besitzen auffällig große Staubbeutel. Abbildung rechts: Die Ganzdroge ist in der Regel röhrenförmig, außen meist graubraun sowie mit Lentizellen besetzt und innen rötlichbraun gefärbt.

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Literatur: USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN). [Online Database] National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Available: http://www.ars-grin.gov/cgi-bin/npgs/html/taxon.pl?105534 (11 September 2003); Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York; M. Wichtl (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 133 vom 21.07.1993; Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, Grundwerk 2002 und 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; E. Teuscher, Biogene Arzneimittel, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1997; F. Sauerhoff, Etymologisches Wörterbuch der Pflanzennamen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2003.


© Thomas Schöpke