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Bitterorangenschale - Aurantii amari epicarpium et mesocarpium
[Ph. Eur. 7.0 (01/2009: 1603)]

Stammpflanze: Citrus aurantium L. ssp. aurantium / Bitterorange, Pomeranze [Fam. Rutaceae / Rautengewächse]. Synonyme: Aurantium acidum RUMPH., Citrus aurantium L. ssp. amara ENGL., Citrus aurantium L. ssp. acida THELLUNG. Synonyme Bezeichnungen der Art sind Citrus amara LINK, Citrus bigarradia LOISEL., Citrus vulgaris RISSO. Dt. Synonyme: Bittere Orange, Bitterorangenbaum, Bigarade, Bommerantzenbaum, Goldapfel, Warzenpomeranze. Englisch: bigarade, bitter orange, Bitter seville orange, Seville orange, sour orange.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Kleiner, bis 5 m hoher Baum, seltener ein Strauch. Blätter gestielt, Blattstiel im oberen Teil schwach aber deutlich geflügelt, Blattspreite ledrig und ganzrandig. Blüten meist zwittrig, radiärsymmetrisch und kräftig duftend. Kronblätter weiß, in der Regel 5, zuweilen bis 8. Staubblätter zahlreich, mit weißen, im unteren Teil zu breiten Bändern verwachsenen Staubfäden und gelben Staubbeuteln. Fruchtknoten oberständig, mit einem Griffel und einer dicken, kopfigen Narbe. Mehrfächrige, meist kugelige oder etwas platt gedrückte, in der Regel orange gefärbte Beerenfrucht von recht unterschiedlicher Größe.

Verbreitung: Heimisch im tropischen Indochina (Nordost-Indien und Süd-China), kultiviert in zahlreichen tropischen und subtropischen Ländern der Erde.

Droge: Das getrocknete, teilweise vom weißen, schwammigen Gewebe des Mesokarps und Endokarps befreite Epikarp und Mesokarp der reifen Frucht von Citrus aurantium L. ssp. aurantium, das bezogen auf die wasserfreie Droge einen Mindestgehalt an ätherischem Öl von 20 ml/kg aufweist (entspr. 2,0 %).

Beschreibung der Droge: Die Droge besteht aus 5 bis 8 cm langen, 3 bis 5 cm breiten und etwa 3 mm dicken, elliptischen bis unregelmäßig geformten Stücken. Die äußere Oberfläche ist gelblich bis rötlichbraun und deutlich punktiert, die innere Oberfläche gelblich bis bräunlichweiß.

Geruch und Geschmack: Geruch aromatisch, Geschmack würzig-bitter.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Bigaradeschale, Pomeranzenschale. Englisch: Bitter-orange epicarp and mesocarp, Bitter orange peel, Dried bitter orange peel. Lateinisch: Aurantii Cortex siccatus (expulpatus, mundatus), Aurantus amara, Cortex Aurantii fructus, Cortex Pomorum Aurantii, Epicarpium Aurantii, Flavedo Aurantii (amari).

Herkunft: Ausschließlich von kultivierten Pflanzen. Der Anbau erfolgt in Südeuropa, insbesondere auf Sizilien, in Südfrankreich, Portugal und Spanien, sowie in anderen subtropischen Regionen. Importiert wird die Droge hauptsächlich aus Spanien, Portugal, Israel und Westindien.

Gewinnung der Droge: Durch sorgfältiges Abschälen reifer Früchte wird die vom weißen, schwammigen Parenchym (= Albedo) weitgehend befreite äußere Schicht gewonnenen.

Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl: Gehalt durchschnittlich 1,25 bis 2,5 %. Den Monographieanforderungen des Europäischen Arzneibuchs entsprechende Droge muss einen Mindestgehalt von 2,0 % aufweisen (s. oben). Zusammengesetzt zum überwiegenden Teil aus Monoterpenkohlenwasserstoffen. Hauptkomponente des Öls mit einem Anteil von rund 90 % ist (+)-Limonen, für den charakteristischen Geruch maßgeblich verantwortliche Substanzen sind die nur in geringer Menge vorkommenden Aldehyde (etwa 0,8 %) Citral, n-Nonanal, n-Decanal und n-Duodecanal sowie die Ester (Gehalt ca. 2,5 %) Linalylacetat, Geranylacetat, Citronellylacetat, Decylpelargonat und Anthranilsäuremethylester. Flavonoide: Bitter schmeckende Glykoside (Neohesperidin und Naringin) sowie geschmacklose Glykoside wie Hesperidin und Rutin sowie höher methoxylierte Flavonoide wie Sinensetin, Nobiletin und Tangeretin. Weitere Bestandteile: Limonoide, Cumarine, darunter auch Furanocumarine, größere Mengen an Pektin.

Wirkungen: Untersuchungen zur Wirksamkeit von Extrakten aus Bitterorangen bzw. von einzelnen Inhaltsstoffen liegen nicht vor. Dennoch ist infolge des bitteren Geschmacks der Droge davon auszugehen, dass eine vermehrte Ausscheidung von Verdauungsenzymen und damit eine den Appetit steigernde und die Verdauung fördernde Wirkung resultiert.

Anwendungsgebiete: Appetitlosigkeit; dyspeptische Beschwerden.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Über die Anwendung bei dyspeptischen Beschwerden hinausgehend wird die Droge ferner bei Magenkrämpfen und Erbrechen angewendet. Nachweise für eine Wirksamkeit bei dieser Indikation liegen nicht vor.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Infolge des Gehalts an Furanocumarinen ist, insbesondere bei hellhäutigen Personen, Photosensibilisierung mit nachfolgenden phototoxischen Reaktionen der Haut nicht auszuschließen.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Extrakte und Abkochungen bewirkten eine signifikante Hemmung der Resorption von Cyclosporin.

Dosierung und Art der Anwendung: Die mittlere Tagesdosis beträgt bei Anwendung der Droge 4 bis 6 g. Gebräuchlicher ist jedoch die Verwendung als Tinktur (mittlere Tagesdosis 2 bis 3 g; Einzeldosis 1 g = etwa 1 Teelöffel verdünnt mit Wasser oder Tee) oder alkoholisch-wässiger Extrakt (mittlere Tagesdosis 1 bis 2 g). Wird die Teebereitung bevorzugt, so sind 2 g Bitterorangenschale (etwa 1 Teelöffel voll) mit ca. 150 ml siedendem Wasser zu übergießen und nach 10 bis 15 Minuten zu dekantieren oder durch ein Teesieb zu geben.

Sonstige Verwendung: Aufgrund des aromatischen Geschmacks wird die Droge in Pharmazie und Lebensmittelindustrie als Geschmackskorrigens verwendet. Weiterhin erfolgt eine Nutzung als Gewürz bei der Herstellung von Fleisch- und Fischkonserven.


Bilder:

Die Pomeranze ist ein in Indochina heimischer, heute jedoch in zahlreichen tropischen und subtropischen Regionen kultivierter kleiner Baum, dessen Aussehen nicht sonderlich vom dem anderer Citrus-Arten abweicht (Abbildung links oben). Gleiches gilt für die intensiv duftenden weißen Blüten, bei denen die Staubfäden im unteren Teil zu breiten Bändern verwachsenen sind (Abbildung links unten). Bei den Früchten der Bitterorange (s. Abbildung rechts oben) handelt es sich aus botanischer Sicht um Beeren, die äußerlich von herkömmlichen Orangen (=Apfelsinen, Citrus sinensis, s. Abbildung rechts unten) nur schwer zu unterscheiden sind.


Literatur: Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, Grundwerk 2002 sowie 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis, Vollständige (Vierte) Neuausgabe, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1969 - 1979; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 193 vom 15.10.1987 (Berichtigung 13.03.1990); Teuscher E, Melzig MF, Lindequist U, Biogene Arzneimittel, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2004; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke