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Bärlauchzwiebel / -kraut - Allii ursini bulbus / herba

Stammpflanze: Allium ursinum L. / Bärlauch [Fam. Alliaceae / Lauchgewächse]. Synonyme: Nur in älterer Literatur finden sich Allium latifolium GILIB., Allium nemorale SALISB. und Ophioscorodon ursinum WALLR. Dt. Synonyme: Bärenknuflaak, Bärenlauch, Beerknoblauch, Hexenzwiebel, Hundsknoblauch, Maikönig, Rams, Ramsel, Stinkbölle, Waldherre, Waldknoblauch, Waldlauch, Waldknofel, Weiße Baldrian, Wilder Knoblauch, Wilder Lauch, Zigeunerknoblauch und Zigeunerlauch. Englisch: bear garlic, buckrams, gypsy onion, hog garlic, ramsons, Wild garlic, Wood garlic.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Im April bis Mai blühendes, 20 bis 50 cm hohes Zwiebelgewächs mit aufrechtem Stengel und zwei Blättern. Die Zwiebel ist fast zylindrisch, 2 bis 4 cm lang und etwa 1 cm breit. An ihrer Basis entspringen einfache Wurzeln. Der Stengel ist meist zweikantig und halb zylindrisch oder dreikantig, selten auch fast stielrund. Die Laubblätter bestehen aus einem 5 bis 20 cm langen Stiel und einer 6 bis 20 cm langen, 1,5 bis 8 cm breiten Spreite. Diese ist flach, schmal-elliptisch oder elliptisch-lanzettlich bis schmal-eiförmig, zugespitzt und am abgerundeten bis fast herzförmigen Grund plötzlich in den Stiel verschmälert. Der reichblütige Blütenstand, bei dem es sich um eine lockere, 2,5 bis 6 cm breite, flache, reichblütige Trugdolde handelt, wird von 2 bis 3 eiförmig-länglichen, zugespitzten, etwa blütenstiellangen, Hüllblättern umgeben, die jedoch frühzeitig abfallen. Die 10 bis 15 mm lang gestielten, rein weißen Blüten sind 2 bis 2,5 cm breit. Sie bestehen aus 6 Perigon- und 6 Staubblättern, die jeweils in zwei Kreisen angeordnet sind, und einem aus drei Fruchtblättern gebildeten, oberständigen, tief dreifurchigen Fruchtknoten. Im Gegensatz zu vielen anderen Laucharten besitzt Bärlauch keine Brutzwiebeln.

Verbreitung: Heimisch in fast ganz Europa, dem Kaukasus und der Türkei. Besiedelt bevorzugt nährstoffreiche, oft kalkhaltige Böden in frischen bis feuchten Laubwäldern, wo es teilweise derart massenhaft auftritt, dass die Standorte zur Blütezeit am charakteristischen Knoblauchgeruch zu erkennen sind. Weiterhin an (schattigen) Wegrändern, in alten Gärten und Parkanlagen. In Nord- und Mitteleuropa in der Vergangenheit vielfach als Heil-, Gewürz- und Gemüsepflanze kultiviert.

Droge: Allii ursini bulbus: Die frische ganze Zwiebel. Allii ursini herba: Das frische Kraut. Gelegentlich auch Verwendung der getrockneten Droge.

Beschreibung der Droge: Allii ursini bulbus: Die Zwiebel wird aus den unteren, schuppenförmigen Laubblättern gebildet. Sie besitzt eine fast zylindrische Form, eine Länge von 2 bis 4, gelegentlich bis 6 cm und eine Breite von etwa 1 cm. Umgeben wird sie von durchsichtigen, weißen oder gelblichen Häuten, die zuletzt bis auf einige parallele Fasern am Grunde reduziert sind. An der Basis entspringen einfache Wurzeln. Allii ursini herba: Ganzdroge s. botanische Beschreibung der Stammpflanze. Die Schnittdroge besteht aus Bruchstücken der Blätter und den Blüten. Gelegentlich sind auch die kleinen, schwarze Samen enthaltenden Kapselfrüchte sowie Stiele des Blütenstandes vorhanden. Die Blattbruchstücke sind auf der Oberseite dunkelgrün, der Unterseite hellgrün und durch eine parallele Nervatur gekennzeichnet. Der Hauptnerv tritt auf der Unterseite stark hervor, die Seitennerven sind nur undeutlich erkennbar. Die Blüten sind hellgelb bis gelbbraun, sechszipfelig und kurz gestielt.

Geruch und Geschmack: Schwach würziger Geruch, beim Zerreiben intensiv nach Knoblauch. Geschmack etwas scharf und knoblauchartig.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Allii ursini bulbus: Englisch: Wild garlic onion. Lateinisch: Bulbus allii ursini. Allii ursini herba: Englisch: Wild garlic. Lateinisch: Herba allii ursini.

Herkunft: Praktisch ausschließlich aus der Sammlung von Wildbeständen. Getrocknete Droge wird aus osteuropäischen Ländern importiert.

Inhaltsstoffe: Bärlauch enthält die für die Laucharten im Allgemeinen charakteristischen  Cysteinsulfoxide. Allii ursini bulbus: Genuin enthalten ist vermutlich nur das Methyl-L-(+)-cysteinsulfoxid. Das S-Allyl-L-(+)-cysteinsulfoxid (Alliin) liegt demgegenüber wahrscheinlich in gebundener Form vor (s. Angaben zu den Blattbestandteilen). An Abbauprodukten der Cysteinsulfoxide wurden u. a. Allylmethylthiosulfinat, Methylallylthiosulfinat, Diallylthiosulfinat (Allicin), Dimethylthiosulfinat, 3-Vinyl-(4H)-1,2-dithiin, Methylallyltrisulfid, Diallyldisulfid und Diallyltrisulfid gefunden. Der Gehalt wasserdampfflüchtiger Bestandteile beträgt 12% bezogen auf die frische Droge. Hauptbestandteil des Destillats ist Methylallyltrisulfid. Weitere Bestandteile: Die Aminosäuren L-Arginin, L-Asparaginsäure, L-Glutaminsäure, L-Asparagin, L-Glutamin, L-Glycin, L-Threonin und L-Alanin. Allii ursini herba: Nach Fermentation wurde aus frischen Bärlauchblättern 0,005% Allicin nachgewiesen. In getrockneter Droge beträgt der Allicingehalt 0,07%. Wässrige Blattextrakte lieferten u. a. die Alliinvorstufe γ-Glutamylallylcysteinsulfoxid.

Wirkungen: Sowohl Extrakte aus der Zwiebel als auch aus den Blättern gewonnene Extrakte bewirkten eine Hemmung verschiedner Enzyme (u. a. Lipoxygenase und Cyclooxygenase).

Anwendungsgebiete: Die Anwendung erfolgt ausschließlich in der Volksheilkunde. Hauptanwendungsgebiete von Zwiebel und Blättern sind Arteriosklerose und Bluthochdruck. Die Blätter werden darüber hinaus auch bei Magen-Darm-Störungen, Gärungsdyspepsien und Flatulenz sowie äußerlich bei chronischen Hautausschlägen verwendet. Wirksamkeitsnachweise wurden bislang nicht erbracht. Aufgrund des Inhaltsstoffspektrums, welches dem des Knoblauch ähnlich ist, sowie der oben genannten enzymhemmenden Wirkungen erscheinen positive Effekte auf den Fettstoffwechsel sowie auf Krankheitsbilder, die in enger Beziehung zu einem gestörten Stoffwechsel der Lipide stehen, durchaus plausibel.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Bei normaler Dosierung keine bekannt. Bei übermäßigem Gebrauch können Reizungen des Magens auftreten.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Bärlauchzwiebel wird roh, kleingehackt oder als Presssaft verwendet, Bärlauchkraut klein gehackt oder in Form eines Bärlauchkrautextrakts. Eine Teebereitung ist generell nicht üblich.

Sonstige Verwendung: Zwiebel und Blätter dienen als Küchengewürz und werden vergleichbar mit Knoblauch in vielfältiger Weise verwendet.


Bilder:

Bärlauch ist in Deutschland häufig auf kalkhaltigen Böden in Buchenwäldern anzutreffen. Dabei bildet die Pflanze zum Teil derart dichte Bestände, dass an warmen Frühlingstagen zuweilen der ganze Wald einen an Knoblauch erinnernden Geruch verströmt. Durch ihren besonders beim Zerreiben auftretenden Geruch sind die Blätter mit der quergestreiften Nervatur ein eindeutiges Erkennungsmerkmal (linke Abbildung). Die Blüten befinden sich in einem doldigen Blütenstand und besitzen sechs relativ große Perigonblätter und einen oberständigen Fruchtknoten (rechte Abbildung).


Literatur: Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Teuscher E, Melzig MF, Lindequist U, Biogene Arzneimittel, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2004; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; van Wyk BE, Wink C, Wink M, Handbuch der Arzneipflanzen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2004; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke