Stammpflanze: Agrostemma githago L.
/ Kornrade [Fam. Caryophyllaceae/Nelkengewächse].
Synonyme: Agrostemma nicaeense ROTH,
Githago segetum LINK, Lychnis githago (L.)
SCOP. Dt. Synonyme: Kornnelke, Rade.
Englisch: Cockle, corn cockle.
Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Einjährige, bis 1 m hohe Pflanze mit verwachsenen Kelchblättern, welche die bis 35 mm
langen, dunkelrosa gefärbten Kronblätter überragen (s. Abb.).
Die gegenständig angeordneten Laubblätter sind lineal-lanzettlich, 2 bis 10
mm breit und zugespitzt.
Verbreitung: Europa, Asien, N-Afrika, Kanaren, in N-Amerika
eingebürgert.
Droge: Die getrockneten Samen.
Beschreibung der Droge: Schwarze, nierenförmige, 2,5 bis 3,5
mm lange Samen mit spitzen Warzen (s.
Abb.).
Synonyme Drogenbezeichnungen: Semen Agrostemmae, Semen
Githaginis.
Inhaltsstoffe: In reifen Samen 0,4 % Orcylalanin
(2,4-Dihydroxy-6-methylphenylalanin), ca. 6 % fettes Öl und reichlich Saponine
(glucuronsäurehaltige Glykoside des
Gypsogenins und der
Quillajasäure).
Anwendungsgebiete: Früher in der Volksheilkunde bei
Hautunreinheiten, Gastritis, Husten, gegen Würmer und zur Entwässerung.
Toxikologische Angaben: Kornradesamen gelten als giftig. Die
Giftigkeit wurde den Saponinen zugeschrieben, obwohl Beweise fehlten. Angeblich sind nach
Verzehr von 3-5 g Samen schwere Vergiftungserscheinungen möglich (Kreislaufstörungen,
evtl. Krämpfe und in schweren Fällen Tod durch Atemlähmung). Sämtliche Angaben zur
Toxizität entstammen älteren Quellen, wobei Originalarbeiten anscheinend völlig fehlen.
Bei tierexperimentellen Untersuchungen an Mäusen haben sich bei peroraler Applikation von
8 g Samen /kg Körpergewicht noch keine Vergiftungserscheinungen gezeigt, bei
Schweinen gilt eine Dosis von 2-5 g Samen pro kg Körpergewicht als tödlich. Als mögliche
Ursache für die angebliche Toxizität am Menschen wird die Resorption größerer Mengen
nach Schädigung der Dünndarmschleimhaut diskutiert, welche bei Mäusen evtl. nicht in
diesem Umfang erfolgt. Infolge der fehlenden Belege für die Toxizität der Kornradesamen
bzw. der Kornradesaponine ist nicht auszuschließen, dass die in vergangenen Jahrhunderten
beobachteten Vergiftungen nach Verzehr von Brotwaren nicht durch eine Verunreinigung durch
Kornradesamenmehl sondern durch andere Verunreinigungen (insb. durch Claviceps
purpurea) bedingt waren. Entsprechend der Ergebnisse neuerer
Untersuchungen wird die Zelltoxizität von Kornradesamen der Mischung aus dem
Ribosomen-inaktivierenden Protein Agrostin und den Saponinen zugeschrieben
(so genannte "kooperative Toxizität"). Da diese Ergebnisse im Verlaufe von
in vitro Untersuchungen erzielt wurden, sind auch aus diesen Befunden
keine nachhaltigen Rückschlüsse hinsichtlich einer möglichen Toxizität nach
Einnahme/Verzehr von Kornradesamen möglich.
Allgemeines: Infolge Saatgutreinigung ist die Kornrade in
starkem Rückgang begriffen und heute bereits in weiten Teilen des Verbreitungsgebietes
ausgestorben. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde die Kornrade zur Blume
des Jahres 2003 gewählt. |
Literatur:
Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Band 4, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1993;
Hebestreit P, Melzig MF, Cytotoxic Activity of the Seeds from Agrostemma
githago var. githago, Planta Med. 60 (2003): 921-925; Hebestreit P, Melzig
MF, Czygan FC, Die Kornrade, eine Blume besonderer Art, Zeitschrift für
Phytotherapie 24 (2003): 249-253. |