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Kiefernnadelöl - Pini aetheroleum [DAB 1999]

Stammpflanzen: Pinus sylvestris L. / Gemeine Kiefer oder andere, nicht näher bezeichnete Arten der Gattung Pinus [Fam. Pinaceae / Kieferngewächse]. Bei letzteren handelt es insbesondere um Pinus nigra J. F. ARNOLD / Schwarzkiefer oder Pinus pinaster SOLAND. / Strandkiefer Synonyme: Pinus sylvestris: Pinus nigra MILL., Pinus nigra f. pygmaea (Carrière) Rehder, Pinus sylvestris f. nana (Carrière) LILA. Pinus nigra: Pinus austriaca HOESS, Pinus laricio POIR., Pinus nigricans HOST in SAUT. Pinus pinaster: Pinus maritima LAM. (nom. illeg.). Dt. Synonyme: Pinus sylvestris: Gebräuchlich und weithin bekannt ist die Bezeichnung Föhre. Zu den zahlreichen meist nur regional und heute nur noch selten gebrauchten Namen zählen Deichelholz, Doose, Dosenbaum, Fackel, Ferge, Fohre, Fohren, Föhrenbaum, Füre, Hartzbaum, Kienbaum, Kiene, Kiffe, Küfferbaum, Kühne, Mandel, Mantel, Pechbaum, Pinbaum, Preußenholz, Schleißbaum, Schleißholz, Schleißkiefer, Schmierbaum, Spanbaum, Tällenbaum, Ziege und Ziegenholz. Weiterhin finden sich auch die im Normalfall für die Gattung Picea A. DIETR. (Fichte) und Abies MILL. (Tanne) benutzen Namen wie Deutsche Fichte, Fichtenbaum, Kienfichte, Krätzfichte, Kuhficht, Wilde Fichte bzw. Gemeine Tanne, Odenwälder Tanne, Rauhtanne, Tanne und Zederdann. Pinus nigra: Lärchenkiefer, Schwarzföhre. Pinus pinaster: Igelkiefer, Meerfichte, Meerfuhre, Meerkiefer, Sternkiefer, Seekiefer, Seestrandkiefer. Englisch: Pinus sylvestris: pin sylvestre, Scotch pine, Scots pine. Pinus nigra: black pine. Pinus pinaster: Bournemouth Pine, cluster pine, maritime pine, pinaster, seaside Pine, tree of gold.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Pinus sylvestris: Je nach Standort 10 bis 30 m, unter Umständen auch bis 45 m hoher Baum mit schirmförmiger Krone. Der Umfang der entweder geraden, schlanken und zylindrischen oder knorrigen, gedrehten und recht kurzen Stämme beträgt 1,8 bis 3,6 m. Die Borke des Stammes ist im unteren Teil grauschwarz- bis dunkelbraun, nach oben fuchsrot bis rötlichgelb. Die rötlichbraunen, länglich-ovalen Knospen sind 6 bis 12 mm lang und nicht oder nur kaum harzig. Die in 2er Gruppen angeordneten, blau- bis graugrünen, unterschiedlich langen (etwa 2 bis 7 cm) Nadeln sind spitz und um ihre Längsachse gedreht. Die schon im ersten Jahr zurückgebogenen ("hängend") Zapfen stehen einzeln oder in Gruppen zu 2 bis 3. Sie sind 6 bis 12 mm lang gestielt, oval-konisch, 2,5 bis 7 cm lang und matt graubraun. Auf der sonnenzugewandten Seite sind die Schuppen meist stärker entwickelt. Die 3 bis 4 mm langen, länglichen Samen besitzen einen ca. 3mal so langen Flügel. Pinus nigra: 20 bis 40 m, zuweilen sogar bis 50 m hoher Baum. Es existieren mehrere Varietäten (z. B. die korsische oder kalabrische Schwarz-Kiefer mit eilänglicher Krone oder die Pyrenäen-Schwarzkiefer mit walzen- oder kegelförmiger Krone), so dass die Gestalt recht veränderlich ist. Die allgemein rissige Rinde kann grau bis braun gefärbt sein. Die 8 bis 12 cm langen, etwa 4 Jahre an den Zweigen verbleibenden Nadeln sind in zu zweit angeordnet, heller oder dunkler grün, recht steif oder beweglicher. Die nahezu sitzenden, in Gruppen zu 2 bis 4 angeordneten, waagerecht abstehenden Zapfen sind 5 bis 8 cm lang, hellbraun und glänzend. Sie enthalten 5 bis 7 mm lange, graue Samen  mit 4 bis 5 mm langem Flügel. Pinus pinaster: Bis 35 m hoher Baum mit kegelförmiger Krone und zahlreichen Ästen, die bei älteren Bäumen oft nur im oberen Viertel vorhanden sind. Der Stamm kann einen Umfang bis 4,30 aufweisen und die Borke älterer Bäume ist dick, rotbraun und tief rissig.  Die meist nach 3 Jahren abfallenden, 10 bis 20 cm langen, steifen, stechenden Nadeln stehen in Gruppen zu 2 an den Triebenden. Ihre Scheiden sind schwärzlich und 20 bis 25 mm lang. Die großen, spindelförmigen, braunen, nicht harzigen Knospen besitzen zurückgeschlagene Spitzen. Die in Gruppen zu 7 bis 7 angeordneten, eikegelförmigen, hellbraun glänzenden, schief abwärts gerichteten Zapfen besitzen einen 15 bis 20 mm langen  Stiel. Nach der Samenreife verbleiben sie noch an den Bäumen, von denen sie erst nach mehreren Jahren abfallen. Die graubraunen, eilänglichen Samen sind 7 bis 8 mm lang und 2 bis 3 cm lang geflügelt.

Verbreitung: Pinus sylvestris: Mit Ausnahme des äußersten Südens in ganz Europa heimisch. Das natürliche Verbreitungsgebiet erstreckt sich im Südosten bis zur Türkei und im Osten bis Ostsibirien, die Mongolei und die chinesischen Provinzen Heilongjiang und Jilin. Pinus nigra: Gebirge des Mittelmeergebiets. Von Algerien und Marokko über sämtliche europäischen Anliegerstaaten des Mittelmeers bis zum Schwarzen Meer (Türkei, Krim). Im Norden bis zu den Südkaparten und nach Niederösterreich vordringend. Kultiviert und zuweilen auch verwildert auf den Britischen Inseln, in Australien, Neuseeland und dem NO der USA. Pinus pinaster: Heimisch entlang der Mittelmeerküste Marokkos, Spaniens, Frankreichs, Korsikas, Nord-Italiens, Jugoslawiens, Korsikas und Sardiniens sowie an der portugiesischen, spanischen und französischen Atlantikküste. Eingebürgert ferner in Teilen der Britischen Inseln, Australiens, Neuseelands, Südamerikas, Südafrikas und Hawaiis. 

Droge: Das durch Wasserdampfdestillation aus den frischen Nadeln, Zweigspitzen oder frischen Ästen mit Nadeln gewonnene ätherische Öl. Das im Europäischen Arzneibuch monographierte Pini sylvestris aetheroleum [Ph. Eur. 5. Ausgabe, 5. Nachtrag] wird ausschließlich aus Pinus sylvestris L. gewonnen und darf einen Zusatz eines geeigneten Antioxidans enthalten.

Beschreibung der Droge: Klare, farblose bis schwach gelbe Flüssigkeit.

Geruch und Geschmack: Angenehmer, aromatischer, terpentinartiger Geruch und leicht bitterer, etwas ölig-seifiger Geschmack.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Oleum Pini sylvestris.

Herkunft: Europa und Nordasien.

Gewinnung der Droge: Die meist nur grob zerkleinerten frischen Nadeln, Zweigspitzen oder frischen Ästen mit Nadeln werden, zum Teil bereits vor Ort unter Verwendung mobiler Destillationsanlagen, einer Wasserdampfdestillation unterworfen. Die Ausbeute an ätherischem Öl beträgt durchschnittlich 0,15 bis 0,6 %.

Inhaltsstoffe: Überwiegend Monoterpenkohlenwasserstoffe. Hauptbestandteile sind (+)-α-Pinen (Gehalt etwa 10-50 %), (-)-ß-Pinen (10-25 %), δ3-Caren (bis 20 %), Limonen (bis 10 %), Myrcen und Terpinolen (jeweils bis 5 %). Neben diesen finden sich noch eine Reihe weiterer Komponenten, unter diesen u. a. Bornylacetat und auch einzelne Sesquiterpene wie z. B. Caryophyllen und δ-Cadinen.

Wirkungen: Sekretolytisch, hyperämisierend, schwach antiseptisch. Die der Droge zugeschriebenen Wirkungen gehen überwiegend auf Beobachtungen der klinischen Wirksamkeit zurück. Lediglich zur antiseptischen Wirksamkeit liegen vereinzelte Ergebnisse pharmakologischer Untersuchungen vor. In diesen wurden  Hemmwirkungen gegenüber einzelnen Bakterien- und Pilzstämmen beobachtet, darunter insbesondere Bacillus tuberculosis. Anzeichen für positive Effekte bei Tuberkulose liegen auch aus einem Tierversuch an Meerschweinchen vor. Hinsichtlich der sekretolytischen Wirkung herrscht die Vorstellung, dass diese auf eine direkte Wirkung des ätherischen Öls auf die Sekretionsdrüsen sowie auf eine reflektorische Stimulation der Bronchialsekretion über den Nervus vagus zurückzuführen ist.

Anwendungsgebiete: Äußerlich und innerlich bei katarrhalischen Erkrankungen der oberen und unteren Luftwege, nur äußerlich bei rheumatischen und neuralgischen Beschwerden.

Gegenanzeigen: Asthma bronchiale, Keuchhusten. Die Anwendung in Form von Vollbädern sollte nicht oder nur nach Rücksprache mit einem Arzt erfolgen im Falle größerer Hautverletzungen und akuter Hautkrankheiten, schwerer fieberhafter und infektiöser Erkrankungen, Herzinsuffizienz und Hypertonie.

Unerwünschte Wirkungen: An Haut und Schleimhäuten können verstärkte Reizerscheinungen auftreten und Bronchospasmen können verstärkt werden.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Die innerliche Anwendung bei Katarrhen der Luftwege erfolgt bevorzugt durch Inhalation. Zu diesem Zweck dreimal täglich einige Tropfen in heißes Wasser geben und die Dämpfe einatmen oder halbfeste Zubereitungen (Salben, Gele, Emulsionen) oder das Öl auf Brust und Rücken einreiben. Zur Einnahme dreimal täglich 4 Tropfen auf ein Stück Zucker oder in etwas Wasser geben. Häufiger als in reiner Form wird Kiefernnadelöl in Kombination mit anderen ätherischen Ölen, insbesondere Eukalyptusöl und Pfefferminzöl, eingesetzt. Bei diesen in der Apotheke erhältlichen Kombinationspräparaten handelt es sich zum Teil um direkt auf die Kleidung tropfbare Zubereitungen (z. B. Babifortan®, Eucafluid N Lösung) oder um Salben bzw. Balsame (z. B. Pinimentol® Erkältungssalbe, Tumarol® Kinderbalsam), mit denen Brust und Rücken eingerieben werden. Die Anwendung bei rheumatischen Beschwerden erfolgt insbesondere in Form von Medizinalbädern, die neben Kiefernnadelöl noch einen Lösungsvermittler enthalten. Pro Liter Wasser mindestens 0,025 g Kiefernnadelöl verwenden und bei einer Temperatur von 35 bis 38 °C 10 bis 20 min baden. Bei neuralgischen Beschwerden ebenfalls als Bad anwenden oder betroffene Stellen mit Kiefernnadelöl oder daraus hergestellten Salben mehrmals täglich einreiben. Bei Muskelkater und schmerzhaften Muskelhartspann empfiehlt sich die Verwendung eines Kiefernfranzbranntweins.

Sonstige Verwendung: Auch in der Kosmetik häufig zur Herstellung von Schaumbädern und Badesalzen mit "Nadelwald-Note" verwendet.


Bilder:

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Kiefern besitzen eingeschlechtliche Blüten, die in reichblütigen, als Zapfen bezeichneten Blütenständen angeordnet sind. Die männlichen Zapfen sind zahlreich und dicht um den Grund von jungen Trieben angeordnet (s. männlicher Blütenstand der Gemeinen Kiefer). Demgegenüber befinden sich die weiblichen Zapfen am Ende der Triebe (Abbildung links unten). Wichtigste Stammpflanze zur Gewinnung von Kiefernnadelöl ist die vor allem in Mitteleuropa sehr häufig vorkommende und kultivierte Gemeine Kiefer. Neben dieser sind auch Pinus nigra / Schwarzkiefer und Pinus pinaster / Strandkiefer als Drogenlieferanten von Bedeutung. Die Schwarzkiefer ist im gesamten europäischen Mittelmeergebiet sowie in Marokko, Algerien und am Schwarzen Meer heimisch. Im Gegensatz zur Strandkiefer besiedelt sie wie hier auf Korsika jedoch die Gebirge der Region. Auffälliges Merkmal der ansonsten recht formenreichen Art ist die tief rissige Borke (s. Abbildung rechts unten).

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Literatur: Deutsches Arzneibuch 1999; Europäisches Arzneibuch 5. Ausgabe, 5. Nachtrag; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Hänsel R, Sticher O, Steinegger E, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2002; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 154 vom 21.08.1985 (Berichtigung 13.03.1990); Schilcher H, Kammerer S, Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer, München Jena 2003; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database].


© Thomas Schöpke