Zur Startseite ...
Pfefferminzblätter - Menthae piperitae folium
[Ph. Eur. 7.0 (01/2011:0406)]

Stammpflanze: Mentha x piperita L. / Pfefferminze [Fam. Lamiaceae / Lippenblütengewächse]. Englisch: Peppermint.
Botanische Beschreibung: 0,5-0,9 m hohe, sterile Pflanze mit oberirdisch verlaufenden Ausläufern (Stolonen), welche zur vegetativen Vermehrung genutzt werden. Stengel häufig verzweigt, Blätter länglich-eiförmig bis lanzettlich, gesägt und deutlich gestielt. Blätter und Stengel sind oft violett überlaufen, die kleinen, violetten Blüten in dichten Scheinähren angeordnet.
Allgemeines zur Botanik: Bei der Pfefferminze handelt es sich um eine Kreuzung (Bastard) aus der Wasserminze Mentha aquatica L. und der Grünen Minze Mentha x spicata L. Letztere stellt wiederum eine Kreuzung aus der Ross-Minze Mentha longifolia L. und der Rundblättrigen Minze Mentha rotundifolia L. dar. Durch Züchtung wurden zahlreiche Unterarten, Varietäten und Formen hervorgebracht, die sich sowohl durch äußere Eigenschaften (z. B. dunkelgrüne und hellgrüne Sorten) als auch durch die für ihre therapeutische Nutzung verantwortliche Inhaltsstoffzusammensetzung unterscheiden. Eine sortengerechte Vermehrung ist lediglich  vegetativ möglich (s. unter "Vermehrung und Anbau").
Vorkommen: Durch häufige Verwilderung von kultivierten Pflanzen weit verbreitet in Europa und Nordamerika.
Vermehrung und Anbau: Die Vermehrung erfolgt vegetativ durch Stolonen (s. oben) oder Stecklinge. Zur Gewinnung der Stolonen werden ab Anfang Oktober die Wurzeln mit Schwingsieb- oder Siebkettenrodern gerodet, von Hand verholzte Teile entfernt und die Stolonen in 10 bis 20 cm lange Stücke zerteilt, wobei mindestens drei bewurzelte Knoten vorhanden sein müssen. Das gewonnene Pflanzenmaterial wird möglichst noch im Herbst ausgebracht. Pro Hektar werden etwa 80- bis 120-Tausend Stolonen benötigt. Stecklinge können aus Mutterbeständen im Gewächshaus, aus frisch ausgetriebenen Freilandbeständen oder ständigen Freilandquartieren gewonnen werden. Gewinnung und Einbringen der Stecklinge ist von Mitte April bis Anfang August möglich. Pro Mutterpflanze können vier- bis fünfmal pro Jahr jeweils 10 bis 20 Stecklinge gewonnen werden. Zur Stecklingsgewinnung und -anzucht werden ca. 5 cm lange Triebspitzen oder noch nicht verholzte Stengelabschnitte mit zwei Blattpaaren von den Mutterpflanzen abgeschnitten, in ein Bewurzelungshormon (z. B. Wurzeldip) getaucht und in Anzuchtkisten mit 2 cm Abstand gepflanzt. Vor dem Ausbringen wird eine Woche in kalter, luftiger Umgebung abgehärtet. Die Pflanzung erfolgt maschinell mit ca. 53- bis 80-Tausend Pflanzen pro Hektar.
Droge: Die getrockneten ganzen oder geschnittenen Blätter von Mentha x piperita L. Die ganze Droge muss einen Mindestgehalt an ätherischem Öl von 12 ml/kg (entspr. 1,2 %) und die geschnittene Droge von 9 ml/kg (entspr. 0,9 %) aufweisen.
Beschreibung der Droge: Die Droge ist grün bis bräunlichgrün gefärbt und weist bei einigen Varietäten bräunlichviolette Nerven auf. Die Blattstiele sind grün bis bräunlichviolett. Die ganzen, gebrochenen oder geschnittenen Blätter sind dünn und brüchig. Das ganze Blatt ist 3 bis 9 cm lang, 1 bis 3 cm breit und oft runzelig. Die eiförmige oder lanzettliche und oben zugespitzte Blattspreite besitzt eine asymmetrische Basis und einen scharf gesägten Rand. Die Nerven sind fiedrig angeordnet. Mittelnerv und Seitennerven stehen im Winkel von 45° zueinander und ragen auf der schwach behaarten Blattunterseite heraus. Unter der Lupe (6x) sind die Drüsenhaare als gelbe Punkte zu erkennen. Der gerillte, 0,5 bis 1 cm lange Blattsiel besitzt einen Durchmesser von bis zu 1 mm.
Geruch und Geschmack: Durchdringender, charakteristischer, angenehm aromatischer Geruch und angenehmer, aromatischer, kampferartiger, anfangs brennender, dann eine anhaltende Kühle hinterlassender Geschmack.
Synonyme Drogenbezeichnungen: Folia Menthae piperitae.
Herkunft: Ausschließlich aus Kulturen. Hauptanbaugebiete sind die Ukraine, die Balkanländer, Griechenland, Deutschland (Thüringen, Bayern), Österreich, Spanien, Ägypten sowie weitere Länder Osteuropas.  Die Ernte erfolgt meist 2-3mal jährlich beginnend kurz vor der Blüte bis hinein in den September.
Gewinnung der Droge: Die Ernte erfolgt bevorzugt zum Zeitpunkt des Knospenansatzes und spätestens zu Blühbeginn mit der Sense, dem Balkenmäher oder speziellen Grünguterntern, wobei Quetschungen und Erwärmung unbedingt zu vermeiden sind. Mittels Häckslern oder speziellen Schneidemaschinen wird das Kraut in 1 bis 6 cm lange Stücke geschnitten, mit Hilfe von Windsichtern und Sieben von den Stengeln befreit und anschließend in Kasten- oder Etagentrocknern bei Temperaturen von 45 °C schonend getrocknet. Der Trocknungsvorgang dauert 4 bis 48 Stunden und ist abgeschlossen, wenn das Erntegut "rascheltrocken" ist (Restfeuchte ca. 8 bis 10 %). Kleinere Mengen können auch an der Luft im Schatten bei guter Belüftung auf Rosten oder Jutedarren getrocknet werden. Zu diesem Zweck wird das Erntegut in 5 cm starker Schicht ausgebreitet. Die Trocknungsdauer beträgt mehrere Tage.
Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl: Gehalt 0,5-4 %. Überwiegend aus Monoterpenderivaten zusammensetzt. Hauptkomponenten: sind Menthol (35-45 %), Menthon (15-20 %), Menthylacetat (3-5 %), 1,8-Cineol (6-8 %), Menthofuran (2-7 %) und  Neomenthol (2,5-3,5 %). Neben diesen finden sich noch zahlreiche weitere Monoterpene und kleine Mengen an Sesquiterpenen. Weitere Bestandteile: Glykoside der Komponenten des ätherischen Öls, reichlich Gerbstoffe ("Labiatengerbstoffe", Gehaltsangaben sehr variabel), zahlreiche Flavonoide (insbes. freie Flavone sowie deren Glykoside) und zahlreiche weitere Inhaltsstoffe, die vermutlich für die Wirkung/Anwendung der Droge von untergeordnetem Interesse sind
Wirkungen: Da es sich um eine der am häufigsten genutzten Arzneipflanzen handelt, wurden bisher unzählige pharmakologische Untersuchungen durchgeführt, in denen zwangsläufig auch eine Vielzahl von Wirkungen beschrieben wurden. Hierzu zählen die antimikrobielle, antivirale, spasmolytische, diuretische und choleretische Wirkungen. Für die Anwendung der Droge von Bedeutung ist insbesondere die spasmolytische und choleretische Wirkung.
Anwendungsgebiete: Als Spasmolytikum, Karminativum und Cholagogum bei krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Bereich sowie der Gallenblase und der Gallenwege. Das aus der Pfefferminze gewonnene ätherische Öl (Pfefferminzöl / Menthae piperitae aetheroleum) wird ferner äußerlich bei Myalgien und neuralgiformen Beschwerden angewendet. Auf Stirn und Schläfen aufgetragenes Pfefferminzöl lindert insbesondere Kopfschmerz vom Spannungstyp. Bei Migränekopfschmerz war demgegenüber in klinischen Studien die Wirkung statistisch nicht besser als die des Plazebopräparats. In der Volksheilkunde, zumeist in Kombination mit anderen Drogen, gelegentlich auch als Sedativum
Gegenanzeigen: Bei Gallensteinen darf die Anwendung nur nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgen.
Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.
Dosierung und Art der Anwendung: 1 Esslöffel (ca. 1,5 g) oder einen diese Menge enthaltenden Aufgussbeutel mit ca. 150 ml siedendem Wasser übergießen, 10-15 min stehen lassen und dann gegebenenfalls filtrieren. 2-4mal täglich eine Tasse trinken. Zur Behandlung von Kopfschmerzen wird eine 10prozentige Lösung des ätherischen Öls in 90prozentigem Ethanol gleichmäßig auf Stirn und Schläfen aufgetragen.


Bilder:

Mentha piperita L.: Bei der linken Abbildung ist der vierkantige, rötlich überlaufene Stengel deutlich zu erkennen, die Abbildung rechts zeigt einen Blütenstand mit den dicht gedrängten, kleinen, sterilen Blüten.


Literatur: Biegert C, Heide L, Evidenzbasierte Phytotherapie bei Schmerzen?, Zeitschrift für Phytotherapie 25 (2004): 97-106; Bomme U, Kultur, Anbau und Ernte der Pfefferminze, Zeitschrift für Phytotherapie 25 (2004): 147-152; Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, Grundwerk 2002 sowie 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Göbel H, Heinze A, Dworschak M, Heinze-Kuhn K, Stolze H, Oleum menthae piperitae in der Akuttherapie von Migräne und Kopfschmerz vom Spannungstyp, Zeitschrift für Phytotherapie 25 (2004): 129-139; Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Band 5, Drogen E-O, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1993; Mayer G, Mentha x piperita L. - Die Pfefferminze und die Minz-Arten in der Geschichte der europäischen Phytotherapie, Zeitschrift für Phytotherapie 25 (2004): 140-145; Monografie der Kommission E (Pfefferminzblätter), Bundes-Anzeiger Nr.  223 vom 30.11. 1985 (Berichtigung 13.03.1990 und 01.09.1990); Monografie der Kommission E (Pfefferminzöl), Bundes-Anzeiger Nr.  50 vom 13.03.1986; Pabst G, Köhler's Medizinal-Pflanzen, Band II, Verlag Fr. Eugen Köhler, Gera-Untermhaus 1888; Schmidt M, Vielseitige Pfefferminze, PTA heute 2004, Heft 9: 60-63; Wichtl M, Pfefferminze - Arzneipflanze des Jahres 2004, Zeitschrift für Phytotherapie 25 (2004): 153-158.


© Thomas Schöpke