Stammpflanze: Mentha x piperita L.
/ Pfefferminze [Fam. Lamiaceae / Lippenblütengewächse].
Englisch: Peppermint.
Botanische Beschreibung:
0,5-0,9 m hohe, sterile Pflanze mit
oberirdisch verlaufenden Ausläufern (Stolonen), welche zur vegetativen
Vermehrung genutzt werden. Stengel häufig verzweigt, Blätter
länglich-eiförmig bis lanzettlich, gesägt und deutlich gestielt. Blätter und Stengel
sind oft
violett überlaufen, die kleinen, violetten Blüten in dichten Scheinähren
angeordnet.
Allgemeines zur Botanik: Bei der Pfefferminze handelt es sich
um eine Kreuzung (Bastard) aus der Wasserminze Mentha aquatica L. und der Grünen
Minze Mentha x spicata L. Letztere stellt wiederum eine Kreuzung aus
der Ross-Minze Mentha longifolia L. und der Rundblättrigen Minze Mentha
rotundifolia L. dar. Durch Züchtung wurden zahlreiche Unterarten,
Varietäten und Formen hervorgebracht, die sich sowohl durch äußere
Eigenschaften (z. B. dunkelgrüne und hellgrüne Sorten) als auch durch die
für ihre therapeutische Nutzung verantwortliche Inhaltsstoffzusammensetzung
unterscheiden. Eine sortengerechte Vermehrung ist lediglich vegetativ möglich
(s. unter "Vermehrung und Anbau").
Vorkommen: Durch häufige Verwilderung von kultivierten
Pflanzen weit verbreitet in Europa und Nordamerika.
Vermehrung und Anbau: Die Vermehrung
erfolgt vegetativ durch Stolonen (s. oben) oder Stecklinge. Zur Gewinnung
der Stolonen werden ab Anfang Oktober die Wurzeln mit Schwingsieb-
oder Siebkettenrodern gerodet, von Hand verholzte Teile entfernt und die
Stolonen in 10 bis 20 cm lange Stücke zerteilt, wobei mindestens drei
bewurzelte Knoten vorhanden sein müssen. Das gewonnene Pflanzenmaterial wird
möglichst noch im Herbst ausgebracht. Pro Hektar werden etwa 80- bis
120-Tausend Stolonen benötigt. Stecklinge können aus Mutterbeständen
im Gewächshaus, aus frisch ausgetriebenen Freilandbeständen oder ständigen
Freilandquartieren gewonnen werden. Gewinnung und Einbringen der Stecklinge
ist von Mitte April bis Anfang August möglich. Pro Mutterpflanze können
vier- bis fünfmal pro Jahr jeweils 10 bis 20 Stecklinge gewonnen werden. Zur
Stecklingsgewinnung und -anzucht werden ca. 5 cm lange Triebspitzen oder
noch nicht verholzte Stengelabschnitte mit zwei Blattpaaren von den
Mutterpflanzen abgeschnitten, in ein Bewurzelungshormon (z. B. Wurzeldip)
getaucht und in Anzuchtkisten mit 2 cm Abstand gepflanzt. Vor dem Ausbringen
wird eine Woche in kalter, luftiger Umgebung abgehärtet. Die Pflanzung
erfolgt maschinell mit ca. 53- bis 80-Tausend Pflanzen pro Hektar.
Droge: Die getrockneten ganzen oder
geschnittenen Blätter von Mentha x piperita L. Die ganze Droge
muss einen Mindestgehalt an ätherischem Öl von 12 ml/kg (entspr. 1,2 %) und
die geschnittene Droge von 9 ml/kg (entspr. 0,9 %) aufweisen.
Beschreibung der Droge: Die Droge ist grün
bis bräunlichgrün gefärbt und weist bei einigen Varietäten bräunlichviolette
Nerven auf. Die Blattstiele sind grün bis bräunlichviolett. Die ganzen,
gebrochenen oder geschnittenen Blätter sind dünn und brüchig. Das ganze
Blatt ist 3 bis 9 cm lang, 1 bis 3 cm breit und oft runzelig. Die eiförmige
oder lanzettliche und oben zugespitzte Blattspreite besitzt eine
asymmetrische Basis und einen scharf gesägten Rand. Die Nerven sind fiedrig
angeordnet. Mittelnerv und Seitennerven stehen im Winkel von 45° zueinander
und ragen auf der schwach behaarten Blattunterseite heraus. Unter der Lupe
(6x) sind die Drüsenhaare als gelbe Punkte zu erkennen. Der gerillte, 0,5
bis 1 cm lange Blattsiel besitzt einen Durchmesser von bis zu 1 mm.
Geruch und Geschmack: Durchdringender,
charakteristischer, angenehm aromatischer Geruch und angenehmer,
aromatischer, kampferartiger, anfangs brennender, dann eine anhaltende Kühle
hinterlassender Geschmack.
Synonyme Drogenbezeichnungen: Folia Menthae
piperitae.
Herkunft: Ausschließlich aus Kulturen. Hauptanbaugebiete
sind die Ukraine, die Balkanländer, Griechenland, Deutschland (Thüringen,
Bayern), Österreich, Spanien, Ägypten sowie weitere Länder Osteuropas.
Die Ernte erfolgt meist 2-3mal jährlich beginnend kurz vor der Blüte bis
hinein in den September.
Gewinnung der Droge: Die Ernte erfolgt
bevorzugt zum Zeitpunkt des Knospenansatzes und spätestens zu Blühbeginn mit
der Sense, dem Balkenmäher oder speziellen Grünguterntern, wobei
Quetschungen und Erwärmung unbedingt zu vermeiden sind. Mittels Häckslern
oder speziellen Schneidemaschinen wird das Kraut in 1 bis 6 cm lange Stücke
geschnitten, mit Hilfe von Windsichtern und Sieben von den Stengeln befreit
und anschließend in Kasten- oder Etagentrocknern bei Temperaturen von 45 °C
schonend getrocknet. Der Trocknungsvorgang dauert 4 bis 48 Stunden und ist
abgeschlossen, wenn das Erntegut "rascheltrocken" ist (Restfeuchte ca. 8 bis
10 %). Kleinere Mengen können auch an der Luft im Schatten bei guter
Belüftung auf Rosten oder Jutedarren getrocknet werden. Zu diesem Zweck wird
das Erntegut in 5 cm starker Schicht ausgebreitet. Die Trocknungsdauer
beträgt mehrere Tage.
Inhaltsstoffe: Ätherisches Öl:
Gehalt 0,5-4 %. Überwiegend aus Monoterpenderivaten zusammensetzt. Hauptkomponenten:
sind Menthol (35-45 %), Menthon (15-20 %), Menthylacetat (3-5 %), 1,8-Cineol (6-8 %), Menthofuran (2-7 %)
und Neomenthol (2,5-3,5 %).
Neben diesen finden sich noch zahlreiche weitere Monoterpene und kleine Mengen
an Sesquiterpenen. Weitere Bestandteile: Glykoside der
Komponenten des ätherischen Öls, reichlich Gerbstoffe ("Labiatengerbstoffe",
Gehaltsangaben sehr variabel), zahlreiche Flavonoide (insbes. freie Flavone sowie deren
Glykoside) und zahlreiche weitere Inhaltsstoffe, die vermutlich für die Wirkung/Anwendung
der Droge von untergeordnetem Interesse sind
Wirkungen: Da es sich um eine der am häufigsten genutzten
Arzneipflanzen handelt, wurden bisher unzählige pharmakologische Untersuchungen
durchgeführt, in denen zwangsläufig auch eine Vielzahl von Wirkungen beschrieben wurden.
Hierzu zählen die antimikrobielle, antivirale, spasmolytische, diuretische und
choleretische Wirkungen. Für die Anwendung der Droge von Bedeutung ist insbesondere die spasmolytische und choleretische Wirkung.
Anwendungsgebiete: Als Spasmolytikum, Karminativum und Cholagogum bei
krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Bereich sowie der Gallenblase und
der Gallenwege. Das aus der Pfefferminze gewonnene ätherische Öl
(Pfefferminzöl / Menthae
piperitae aetheroleum) wird ferner äußerlich bei Myalgien und neuralgiformen
Beschwerden angewendet. Auf Stirn und Schläfen aufgetragenes Pfefferminzöl
lindert insbesondere Kopfschmerz vom Spannungstyp. Bei Migränekopfschmerz
war demgegenüber in klinischen Studien die Wirkung statistisch nicht besser
als die des Plazebopräparats. In der
Volksheilkunde, zumeist in Kombination mit anderen Drogen, gelegentlich auch als Sedativum
Gegenanzeigen:
Bei Gallensteinen darf die Anwendung nur nach Rücksprache mit dem Arzt
erfolgen.
Unerwünschte Wirkungen:
Keine bekannt.
Wechselwirkungen mit anderen Mitteln:
Keine bekannt.
Dosierung und Art der Anwendung: 1 Esslöffel (ca. 1,5 g)
oder einen diese Menge enthaltenden Aufgussbeutel mit ca. 150 ml siedendem Wasser
übergießen, 10-15 min stehen lassen und dann gegebenenfalls filtrieren. 2-4mal täglich
eine Tasse trinken. Zur Behandlung von Kopfschmerzen wird eine 10prozentige
Lösung des ätherischen Öls in 90prozentigem Ethanol gleichmäßig auf Stirn
und Schläfen aufgetragen.
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Literatur:
Biegert C, Heide L, Evidenzbasierte Phytotherapie bei Schmerzen?,
Zeitschrift für Phytotherapie 25 (2004): 97-106; Bomme U, Kultur, Anbau und
Ernte der Pfefferminze, Zeitschrift für Phytotherapie 25 (2004): 147-152;
Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, Grundwerk 2002 sowie 5. Ausgabe,
Grundwerk 2005; Göbel H, Heinze A,
Dworschak M, Heinze-Kuhn K, Stolze H, Oleum menthae piperitae in der
Akuttherapie von Migräne und Kopfschmerz vom Spannungstyp, Zeitschrift für
Phytotherapie 25 (2004): 129-139;
Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Band 5, Drogen E-O,
Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1993; Mayer G, Mentha x piperita
L. - Die Pfefferminze und die Minz-Arten in der Geschichte der europäischen
Phytotherapie, Zeitschrift für Phytotherapie 25 (2004): 140-145;
Monografie der Kommission E (Pfefferminzblätter), Bundes-Anzeiger Nr.
223 vom 30.11. 1985 (Berichtigung 13.03.1990 und 01.09.1990);
Monografie der Kommission E (Pfefferminzöl), Bundes-Anzeiger Nr. 50
vom 13.03.1986;
Pabst G,
Köhler's Medizinal-Pflanzen, Band II, Verlag Fr. Eugen
Köhler, Gera-Untermhaus 1888; Schmidt M, Vielseitige
Pfefferminze, PTA heute 2004, Heft 9: 60-63; Wichtl
M, Pfefferminze - Arzneipflanze des Jahres 2004, Zeitschrift für
Phytotherapie 25 (2004): 153-158. |